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setzung der Verkündigung soll die Vorbedingung für den Antrag
auf Volksentscheid schaffen, kann sich also nur gegen Gesetzes-
beschlüsse richten, die dem Volksentscheide unterliegen. Gegen-
über einem durch Volksentscheid selber festgestellten Gesetze ist
also das „Verlangen“ des Art. 72 ebenso unstatthaft wie gegen-
über Etats-, Abgabe- und Besoldungsgesetzen !!*.
Ist auf Grund des Art. 72 ein Verlangen nach Aussetzung
gestellt worden, so darf das Gesetz innerhalb der dort genannten
Frist nicht verkündet werden, auch wenn schon vor ihrem Ab-
laufe feststehen sollte, daß ein Referendumsantrag nicht einlaufen
werde. Ist aber die Frist abgelaufen, ohne daß der Volksent-
scheid begehrt worden ist, so muß sofort verkündigt werden. Der
Reichspräsident ist nicht befugt, jetzt wieder die Monatsfrist des
Art. 70 abzuwarten. Denn die Frist des Art. 70 läuft vom
Tage des „Zustandekommens“ des Gesetzes an. Das Gesetz ist
aber, wenn das Referendum nicht beantragt wird, schon durch
den Reichstagsbeschluß zustandegekommen: nur die Frist für seine
Verkündigung war verlängert worden.
b) Eine Aussetzung der Verkündigung muß ferner erfolgen.
wenn der Reichsrat Einspruch erhebt. Führt das Einspruchs-
verfahren zu einem neuen Gesetzesbeschlusse, sei es des Reichs-
tags, sei es des Volkes, so beginnt nunmehr wieder die Monats-
frist des Art. 70 zu laufen; denn erst jetzt ist das Gesetz „zu-
standegekommen“. Eine Ausnahme findet nur statt, wenn der
Reichstag entgegen dem Einspruche mit Zweidrittelmehrheit be-
schließt. In diesem Falle kann der Reichspräsident, wenn er sich
zur Verkündigung entschließt, damit drei Monate zögern (Art. 74
a. E.).
Die Wirkung der Verkündigung des Gesetzes besteht
darin, daß die sog. formelle Gesetzeskraft eintritt. Das Gesetz
ı14 S, oben S. 507.
15 So GIESE S. 215.