Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

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setzung der Verkündigung soll die Vorbedingung für den Antrag 
auf Volksentscheid schaffen, kann sich also nur gegen Gesetzes- 
beschlüsse richten, die dem Volksentscheide unterliegen. Gegen- 
über einem durch Volksentscheid selber festgestellten Gesetze ist 
also das „Verlangen“ des Art. 72 ebenso unstatthaft wie gegen- 
über Etats-, Abgabe- und Besoldungsgesetzen !!*. 
Ist auf Grund des Art. 72 ein Verlangen nach Aussetzung 
gestellt worden, so darf das Gesetz innerhalb der dort genannten 
Frist nicht verkündet werden, auch wenn schon vor ihrem Ab- 
laufe feststehen sollte, daß ein Referendumsantrag nicht einlaufen 
werde. Ist aber die Frist abgelaufen, ohne daß der Volksent- 
scheid begehrt worden ist, so muß sofort verkündigt werden. Der 
Reichspräsident ist nicht befugt, jetzt wieder die Monatsfrist des 
Art. 70 abzuwarten. Denn die Frist des Art. 70 läuft vom 
Tage des „Zustandekommens“ des Gesetzes an. Das Gesetz ist 
aber, wenn das Referendum nicht beantragt wird, schon durch 
den Reichstagsbeschluß zustandegekommen: nur die Frist für seine 
Verkündigung war verlängert worden. 
b) Eine Aussetzung der Verkündigung muß ferner erfolgen. 
wenn der Reichsrat Einspruch erhebt. Führt das Einspruchs- 
verfahren zu einem neuen Gesetzesbeschlusse, sei es des Reichs- 
tags, sei es des Volkes, so beginnt nunmehr wieder die Monats- 
frist des Art. 70 zu laufen; denn erst jetzt ist das Gesetz „zu- 
standegekommen“. Eine Ausnahme findet nur statt, wenn der 
Reichstag entgegen dem Einspruche mit Zweidrittelmehrheit be- 
schließt. In diesem Falle kann der Reichspräsident, wenn er sich 
zur Verkündigung entschließt, damit drei Monate zögern (Art. 74 
a. E.). 
Die Wirkung der Verkündigung des Gesetzes besteht 
darin, daß die sog. formelle Gesetzeskraft eintritt. Das Gesetz 
ı14 S, oben S. 507. 
15 So GIESE S. 215. 
 
	        
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