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VII.
Die Beschlagnahme ist wie die Enteignung ein öffent-
lich-rechtlicher Eingriff in private Rechte. Sie entzieht nicht das
Eigentum, aber sie schränkt die Rechte, die sich aus dem Eigen-
tum, aus dem Besitz, aus jedem Rechtsverhältnis zu dem Gegen-
stand ergeben, ein. Sie ist eine Art öffentlich-rechtlicher Ver-
striekung der Sache.
Sie enthält ein Veräußerungsverbot; aber sie ist mehr als
das. »ie verbietet auch, gewisse Verpflichtungen einzugehen, legt
andere Verpflichtungen auf. Ein relatives Veräußerungsverbot
im Sinne der 88 135, 136 BGB. ist sie nicht; eher schon ein
absolutes nach 8 134 BGB.°. Aber ob ihre Wirkung überhaupt
mit diesem im bürgerlichen Recht entwickelten Begriffen darge-
stellt werden kann, kann erst die spätere Untersuehung ihrer ein-
zelnen Wirkung lehren. —
Auch der Begriff der Beschlagnahme besteht schon im gel-
tenden Recht und in der Gesetzgebung, ist aber viel weniger fest
umrissen als der der Enteignung. Eine Beschlagnahme gibt es
bei der Zwangsvollstreckung in unbewegliches Vermögen. eine
Beschlagnahme gibt es bei der Pfändung; bei dieser gebraucht
das Gesetz zwar nicht den Ausdruck Beschlagnahme, sie ist aber
der Sache nach gleichfalls eine öffentlich-rechtliche Verstrickung.
Diese Verstrickung hat zur Folge ein Veräußerungsverbot sowie
— meist, nicht immer — ein privatrechtliches Pfandrecht’. Ge-
gen den Vergleich der Beschlagnahme der Kriegsverordnungen
mit der Beschlagnahme bei der Zwangsvollstreckung ist grund-
sätzlich eingewandt worden®, daß bei der Zwangsvollstreckung
die Beschlagnahme immer nur zur Verwirklichung eines schon
——
° LEHMANN a. a. O. S. 236; GUNDLACH, „Die Beschlagnahme nach der
Bekanntmachung des Bundesrats über die Sicherstellung von Kriegsbedarf
vom 24. Juni 1915* in der Jur. Woch. 1916 8. 1172 f.
?” Stein, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, Anm. II 1 zu $ 308.
® GUNDLACH a. 2. O. S. 1172.
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXIX. 1. 5