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andere daran teilnehmende Organe. Das Gleiche gilt für die
Landesparlamente.
8 16. DasProblemderberufsständischen Ver-
tretung. Nach alledem handelt es sich um das große Problem
der berufsständischen Vertretung sowohl im Reiche wie auch in den
Einzelstaaten. Es bildet den Gegenstand eines kürzlich erschie-
nenen umfassenden Werkes von HEINRICH HERRFAHRDT*®, Daraus
ergibt sich Folgendes:
Der Gedanke, das Wahlrecht zur Volksvertretung auf der
natürlichen Gliederung des Volkes in Berufsstände aufzubauen, ist
so alt, wie die „parlamentarische Idee* überhaupt. Er ist seit
der französischen Revolution nicht nur fortgesetzt von Staatsrechts-
lehrern und Politikern erörtert, sondern bis in die neueste Zeit
hinein auch im praktischen Staatsleben auf verschiedene Weise
verwirklicht worden.
Die ersten Träger des Gedankens waren SIEYES und MIRA-
BEAU. SIEYES forderte 1788 in seiner Schrift: Qu’est ce que le
tiers Etat? die Gliederung der Volksvertretung in die drei Stände
der Geistlichkeit, des Adels und des Bürgertums und sodann 1795
auf Grund der Revolutionserfahrungen, daß in der Vulksvertretung
die drei großen Kräfte, auf denen Leben und Bewegung eines
gesunden Gemeinwesens beruhen, die Landwirtschaft (industrie
rurale), die städtische Industrie (industrie eitadine) und das Bil-
dungswesen (culture d’homme) zur Geltung kommen müßten, während
MIRABEAU 1789 diese Forderung aus dem Begriffe der Equite
begründete, den er dahin auslegte, daß jeder für das Staatsleben
bedeutungsvolle Stand ebenso stark vertreten sein müsse, wie
jeder andere Stand von derselben Bedeutung.
In Frankreich kam es nicht zur Wiederbelebung der durch
die Revolution beseitigten Stände. Dagegen fand das berufsstän-
e6 „Das Problem der berufsständischen Vertretung von der französi.
schen Revolution bis zur Gegenwart.“ Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart
und Berlin 1921.