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allgemeinen Wahlen hervorgegangenes Volksparlament und eine
aus Vertretern der Öffentlichen und privatwirtschaftlichen Ver-
bände und Berufsstände gebildete Berufs- und Wirtschaftskammer
liegen wird, deren übereinstimmender Beschluß zu allen Gesetzen
zu erfordern ist. Dabei wäre, falls ein solcher Beschluß nicht
zu erreichen wäre, der Regierung die Berufung auf den Volks-
entscheid offen zu lassen.
Hiermit kommen wir zur Frage der unmittelbaren Be-
teiligung des Volkesan der Gesetzgebung.
Eignet sich schon ein vielköpfiges Parlament nur sehr
wenig zur Aufstellung und Abfassung von Gesetzen, so gilt dies
um so mehr vom ganzen Volke. Hier kann es sich nur um die
Billigung oder Ablehnung eines allgemeinen gesetzgeberischen
Gredankens oder eines bereits fertig formulierten Gesetzes handeln.
Ein Volksentscheid über ein Gesetz setzt daherimmer eine auf ein
Gesetz im Ganzen gestellte Frage voraus, die entweder mit „Ja“ oder
„Nein* zu beantworten ist (Reichsges. über den Volksentscheid
vom 27. Juni 1921, $ 15; Sächs. Verf. Art. 33 Abs. 1).
Eine solche Beteiligung des Volkes an der Gesetzgebung war
bisher in der Form des Referendums und der Initiative nur in
der Schweiz und einzelnen ihrer Kantonen sowie in einigen Glied-
staaten der nordamerikanischen Union erprobt worden. Beide
Einrichtungen sind früher auch in der Schweiz bekämpft worden.
Man befürchtete für die ruhige Weiterentwicklung der Eidgenossen-
schaft, als in den neunziger Jahren zahlreiche Initiativen einge-
bracht wurden. Heute sind die gegnerischen Stimmen verstummt.
Man hat die vorherrschend konservative Wirkung der Volksent-
scheide erkannt und gesehen, daß das schweizerische Volk das
ihm gegebene Recht maßvoll ausgeübt und nicht durch all-
zuhäufigen und leichtfertigen Gebrauch entwertet hat. Jetzt wird
dort von keiner politischen Partei mehr die Beseitigung dieser
Rechte gewünscht; im Gegenteil, man versucht, die Initiative auch