Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 42 (42)

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Da die richtige Anwendung der Bestimmungen über Staatsgebiet 
und Staatshoheitszeichen stets auch in der Pflicht eines Staatsorgans 
enthalten ist, so wird der Streit über sie in einem Pflichtenstreit aus- 
münden und damit das Streitverhältnis ebenfalls gegeben sein. Das 
gleiche gilt auch von der Staatsbürgerschaft. Hier fragt sich aber 
weiter, ob der wahlberechtigte Staatsbürger nicht auch selbständig vor- 
gehen kann. Werden verfassungsmäßige Wahl- und Abstimmungs- 
rechte unterdrückt — etwa durch eine Gesetzesbestimmung, daß Fremd- 
stämmige nicht wahlberechtigt seien oder, wieim vorliegenden Falle, durch 
die verfassungswidrige Ausdehnung der Wahlperiode —, so wird wohl 
das Recht der Wahlberechtigten gegeben sein, auf Entscheidung des 
Staatsgerichtshofs anzutragen und als streitender Teil gegebenenfalls 
neben das Staatsorgan zu treten, das seiner allgemeinen Kontrollpflicht 
genügt. Dagegen ist dem einzelnen Staatsbürger selbst jenes allge- 
meine Kontrollrecht wohl nicht zuzugestehen. Man könnte daran den- 
ken, es aus der Teilhaberschaft an der Souveränität abzuleiten. Aber 
auch dem Volke als ganzem steht ein Antragsrecht nach Art. 19 
schwerlich zu. Abgesehen von den nach Art des Art. 43 Abs. 2 und 
‚auf Grund Art. 18 d. RV. besonders geregelten Fällen wird mit der 
Stimme des Volkes nur gesetzgeberischer Wille zum Ausdruck gebracht. 
Im übrigen bedient sich das Volk der besonders eingesetzten Organe 
(mittelbare Demokratie). 
Offen ist schließlich die Frage, in welchem Umfange die Grund- 
rechte Gegenstand eines Streites nach Art. 19 sein können. Soweit 
Grundrechte Normen für die Landesgesetzgebung aufstellen, ist trotz 
der verfassungsmäßigen Bindung in der bisherigen Staatspraxis eine 
weitgehende Freiheit für die Gesetzgebung in Anspruch genommen 
worden, Politische Zweckmäßigkeitserwägungen und finanzielles Ver- 
mögen oder Unvermögen sind mit maßgebend, ob eine Verfassungs- 
bestimmung durchgeführt wird oder nicht. Welche Grenzen sind hier 
der richterlichen Nachprüfung des nur für Rechtsstreitigkeiten einge- 
setzten Staatsgerichtshofs gezogen? Können z. B. Eltern oder Schulen 
durch den Staatsgerichtshof die Verpflichtung der Regierung feststellen 
lassen, einen Gesetzentwurf, der die Lehr- und Lernmittelfreiheit in 
den Volksschulen bringt, vorzulegen? In welchem Umfange kann eine 
Rechtspflicht der Volksvertretung, ein Gesetz zu erlassen, durch den 
Staatsgerichtshof ausgesprochen werden? Bejaht man die Möglichkeit 
suchungsausschüsse eingeführt wurden. [Ueber das Urteil wird demnächst 
an dieser Stelle berichtet werden. Red.]
	        
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