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Er ist die Aeußerungsform eines der zahlreichen Verwaltungsakte,
die zum gültigen Entstehen eines Gesetzes erforderlich sind. Allein
die Abstimmungen der gesetzgebenden Körperschaften und die Sanktion®
— beides erfolgt gem. Art. 68 Abs. 2 RV. 1919 durch den Reichs-
tag —- wird man als eigentlich rechtssetzende Tätigkeit bezeichnen
können. Was außerdem zum Inkrafttreten eines Gesetzes noch erfor-
derlich ist — Ausfertigung, Verkündung !? u.a.m. — sind alles Ver-
waltungsakte, so auch die staatliche Handlung, die im Ausgabevermerk
ın Erscheinung tritt. Diese Erkenntnis weist darauf hin, wo wir Re-
geln über die rechtliche Bedeutung des Ausgabevermerkes zu suchen
haben: Im allgemeinen Teil des öffentlichen Rechts.
Der Ausgabevermerk tritt uns entgegen in Gestalt einer Urkunde,
und zwar einer öffentlichen Urkundei.S. von 8415 CPO. Die Präsidial-VO.
vom 26. 7. 1867 sagt ja gerade, daß es zu den Amtsbefugnissen des
ınit der Herausgabe des BGBl. betrauten Bureaus gehört, auf dem
(fesetzblatt selbst den Ausgabevermerk abzudrucken. Freilich ist
8 415 CPO. eine Vorschrift in erster Linie für den Zivilprozeß. Die
Frage, wann genau ein RGBl. ausgegeben ist, kann aber ebensowohl
in Zivil- wie in anderen Prozessen von Bedeutung sein. Indessen wird
man nicht nur den $ 415, sondern auch die 88 417 und 418 CPO. als
allgemein gültige Regeln bezeichnen dürfen !!. Denn sie sind offen-
bar nur ein Anwendungsfall des allgemeinen (rundsatzes, daß jede
staatliche Handlung zunächst einmal die Vermutung der Rechtmäßig-
keit in sich birgt!?. Die Beweiskraft öffentlicher Urkunden gehört zu
den Fragen, die für alle Prozeßarten in gleicher Weise auftauchen und
beantwortet werden wollen 3.
% G. JELLINEK, a. a. O. S. 319 nennt sie den Abschluß des embryo-
logischen Entwickelungsprozesses des Gesetzes.
° „Das Verkündigen selbst ist ein Verwaltungsgeschäft dessen, der das
Gesetz im Verordnungsblatt herausgibt“ SEYDEL-PıLOTY, Bayer. Staatsrecht
2. Aufl. S. 841; vgl. auch FRORMANN, ArchöffR. Bd. 14 S. 55.
Vgl. z. B. GAUPP-STEIN, Die CPO. für das Deutsche Reich, 10. Aufl.
Bd. 1 S. 963 Anm. I zu $ 415; KORMANN, System der rechtsgesch. Staats-
akte S. 6£.
2 Vgl. G. JELLINEK, Allgem. Staatslehre, 3. Aufl. von W. JELLINEK,
S. 18. Diese Vermutung entspricht dem an alle Träger staatlicher Organ-
schaft ergehenden rechtlichen Gebot pflichtmäßigen Handelns im Gemein-
interesse (G. JELLINER, Syst. d. subj. öff. Rechte S. 132).
13 SPIEGEL, Die Verwaltungsrechtswissenschaft S. 88.
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