Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 42 (42)

— 106 — 
terielle, nicht formelle Prüfung fürgegeben. Die historischen Darlegungen 
zeugen von einer außerordentlichen Belesenheit und Gewissenhaftigkeit des 
Verf., bringen zur Lehre von der Gewaltenteilung wertvolle Untersuchungen. 
Ueberzeugend wirkt es aber nicht, wenn der grundlegende Satz für das 
Prüfungsrecht des Richters, er stehe unter dem Gesetze und müsse vor 
dessen Anwendung sich vergewissern, ob es Rechtsverbintllichkeit besitzt. 
hinter allerhand interessanten Theorien zurücktritt. 
Die zweite Abteilung bringt dogmatische Erörterungen, die schon sehr 
bald zu dem recht anfechtbaren Satze führen, daß die Prüfung des Rich- 
ters in den Fällen, in denen über Rechte und Pflichten der Untertanen 
entschieden werden soll, sich nach der rechtlichen Stellung dieser Unter- 
tanen. nicht nach der des Richters selbst richtet! Dadurch wird vieles 
schief gesehen. Der Richter wird doch fast nur in jenen Fällen entscheiden, 
in denen Untertanenrecht und -pflicht in Frage steht. Hier seine Stellung 
als nur dem verbindlichen Gesetz gegenüber gebundenes Staatsorgan 
außer acht lassen zu wollen, ist ein Grundfehler, der auf die „allgemeinen 
Grundzüge der richterlichen Prüfung“ abfärben muß. Die kritischen Be- 
trachtungen der verschiedenen Ansichten nehmen einen außerordentlichen 
Raum ein und .bieten die bisher beste Dogmengeschichte dieses Problems. 
Allgemeine Richtlinien für die Gestaltung der Prüfung gegenüber Gesetz 
und Verordnung im einzelnen schließen sich an, nicht ohne auf die „Mil- 
derung des doktrinären Standpunkts in der Praxis“ sorgsam einzugehen. 
Die Ergebnisse des Verfassers lassen sich dahin zusammenfassen : Der 
Richter-hat zu prüfen, ob gewisse äußere Formalien (Publikation) erfüllt 
sind. Mit dieser subjektiven Prüfung decke sich durchaus nicht immer die 
objektive Feststellung, ob Gesetz oder Verordnung verfassungs- oder ge- 
setzmäßig ist. Denn der Richter müsse sie dann als rechtmäßig ansehen, 
wenn sie „nach allgemeinen Grundsätzen von vornherein als rechtmäßig 
hinzunehmen‘ (!) sei oder formelle Kriterien vorhanden sind, durch die für sie 
die Rechtmäßigkeit bindend festgestellt wird. Im übrigen bestreitet, weil 
die Gesetzgebung die höchste Macht im Staate ist, Verf. auch dem Richter 
das Recht, das Gesetz auf seine Verfassungsmäßigkeit zu prüfen. Bet 
der Verordnung dagegen bestehe ein grundsätzliches richterliches Prü- 
fungsrecht der objektiven Gültigkeit, weil Justiz und Verwaltung gleich- 
gestellt seien und weil die Gesetzgebung der Verwaltung übergeordnet sei, 
so daß die Anordnungen der ersteren vorgehen und nur gesetzmäßige Ver- 
ordnungen befolgt zu werden brauchen. Eine Ausschließung der Prüfung 
bestehe bei der Verordnung erst durch allgemeine oder besondere formelle 
Kriterien. 
Es ist an dieser Stelle, wo ohnedies der reiche Inhalt des Buchs auf 
die denkbar knappste Formel gebracht werden mußte, nicht möglich, dar- 
zulegen, weshalb das Ergebnis des Verfassers (abgesehen von seiner ver- 
fassungspolitisch unbefriedigenden Wirkung) auch vom Boden des Verfas-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.