Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 42 (42)

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ganz verschiedenen Auffassung des Völkerrechts aus, ein Zeichen, auf wie 
schwankem Boden die begriffliche Konstruktion des Völkerrechts noch 
immer ruht. 
ZORN (S. 3) vertritt die Auffassung des Völkerrechts als äußeres 
Staatsrecht. Alles Recht ist nach ihm begrifflich an den Staat ge- 
bunden und nur durch das Eingehen in die staatliche Rechtssphäre 
wird auch das Völkerrecht als Recht wirksam. Und wenn ZorRN hin- 
zufügt: „Diese Sätze widersprechen allerdings der herrschenden Mei- 
nung über den Begriff des Völkerrechts schroff“, so sieht man das an 
der Auffassung STRUPPs (S. 5 Anm. 1), der die Anhänger der ersteren 
Ansicht zu den Leugnern des Völkerrechts zählt. STRUPP steht auf dem 
Standpunkte der herrschenden Ansicht, die im Völkerrecht ein vom Staats- 
rechte generell verschiedenes zwischenstaatliches Recht sieht. Während 
aber diese beiden Ansichten darin einig gehen, daß nur die Staaten als 
Subjekte des Völkerrechts in Frage kommen, und dann das Völkerrecht 
dem inneren Staatsrecht nicht übergeordnet ist, vertritt VERDROSS in seinem 
Exkurs „Völkerrecht und staatliches Recht“ (S. 34 ff.) im Anschluß an 
KraABBeEs Buch „Die moderne Staatsidee® einen andern, allerdings nicht 
eindeutig bestimmten Standpunkt. Zwar will er nicht, wie die rein indi- 
vidualistische Lehre KrABBEs den Staatsbegriff selbst eliminieren und alles 
auf das Rechtsbewußtsein des Individuums abstellen. Aber dadurch, daß 
er im Staatsbegriff eine Zusammenfassung individueller Rechtshandlungen 
sieht, will er sich die nach der herrschenden Lehre zur Bindung des Ein- 
zelnen notwendige Transformation von Völkerrecht in Landesrecht er- 
sparen, indem er es vom Völkerrecht abhängig sein läßt, ob es im einzelnen 
Falle die Setzung einer besonderen landesrechtlichen Norm verlangt. So 
wird letzten Endes der Staat und sein Recht auf das Völkerrecht zurück- 
geführt, das „wenigstens in seiner obersten Spitze über den Staaten 
sehweben muß“ (S. 42). So kommt VFRDROSS denn auch, wie KRABBE in 
seiner „modernen Staatsidee® auf durch das internationale Rechtsbewußt- 
sein erzeugte völkerrechtliche Normen hinaus, durch die erst die Staaten 
als Organe des Völkerrechts eingesetzt und zu seiner Weiterbildung be- 
rufen worden sind (S. 42). Hier also die typische Vertretung des neuesten 
Naturrechts, das vor allem den modernen souveränen Staat leugnet. Denn 
die Souveränität des modernen Staates und ein über dem staatlichen Recht 
stehendes Völkerrecht sind unvereinbare Dinge und je nachdem man das 
eine oder das andere bejaht, wird man zu ganz verschiedenen Auffassungen 
kommen. Diese jeweilige verschiedene Auffassung prägt dann aber auch 
der ganzen Darstellung ihren Stempel auf. 
ZORN schildert deutsches Gesandtschafts- und Konsularrecht auf der 
Grundlage des allgemeinen Völkerrechts, dessen Sätze er nur insoweit an- 
erkennt, als sie solche des deutschen Staatsrechts geworden sind. Seine 
Darstellung zerfällt in 2 große Kapitel: Das Gesandtschaftsrecht und das
	        
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