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ganz verschiedenen Auffassung des Völkerrechts aus, ein Zeichen, auf wie
schwankem Boden die begriffliche Konstruktion des Völkerrechts noch
immer ruht.
ZORN (S. 3) vertritt die Auffassung des Völkerrechts als äußeres
Staatsrecht. Alles Recht ist nach ihm begrifflich an den Staat ge-
bunden und nur durch das Eingehen in die staatliche Rechtssphäre
wird auch das Völkerrecht als Recht wirksam. Und wenn ZorRN hin-
zufügt: „Diese Sätze widersprechen allerdings der herrschenden Mei-
nung über den Begriff des Völkerrechts schroff“, so sieht man das an
der Auffassung STRUPPs (S. 5 Anm. 1), der die Anhänger der ersteren
Ansicht zu den Leugnern des Völkerrechts zählt. STRUPP steht auf dem
Standpunkte der herrschenden Ansicht, die im Völkerrecht ein vom Staats-
rechte generell verschiedenes zwischenstaatliches Recht sieht. Während
aber diese beiden Ansichten darin einig gehen, daß nur die Staaten als
Subjekte des Völkerrechts in Frage kommen, und dann das Völkerrecht
dem inneren Staatsrecht nicht übergeordnet ist, vertritt VERDROSS in seinem
Exkurs „Völkerrecht und staatliches Recht“ (S. 34 ff.) im Anschluß an
KraABBeEs Buch „Die moderne Staatsidee® einen andern, allerdings nicht
eindeutig bestimmten Standpunkt. Zwar will er nicht, wie die rein indi-
vidualistische Lehre KrABBEs den Staatsbegriff selbst eliminieren und alles
auf das Rechtsbewußtsein des Individuums abstellen. Aber dadurch, daß
er im Staatsbegriff eine Zusammenfassung individueller Rechtshandlungen
sieht, will er sich die nach der herrschenden Lehre zur Bindung des Ein-
zelnen notwendige Transformation von Völkerrecht in Landesrecht er-
sparen, indem er es vom Völkerrecht abhängig sein läßt, ob es im einzelnen
Falle die Setzung einer besonderen landesrechtlichen Norm verlangt. So
wird letzten Endes der Staat und sein Recht auf das Völkerrecht zurück-
geführt, das „wenigstens in seiner obersten Spitze über den Staaten
sehweben muß“ (S. 42). So kommt VFRDROSS denn auch, wie KRABBE in
seiner „modernen Staatsidee® auf durch das internationale Rechtsbewußt-
sein erzeugte völkerrechtliche Normen hinaus, durch die erst die Staaten
als Organe des Völkerrechts eingesetzt und zu seiner Weiterbildung be-
rufen worden sind (S. 42). Hier also die typische Vertretung des neuesten
Naturrechts, das vor allem den modernen souveränen Staat leugnet. Denn
die Souveränität des modernen Staates und ein über dem staatlichen Recht
stehendes Völkerrecht sind unvereinbare Dinge und je nachdem man das
eine oder das andere bejaht, wird man zu ganz verschiedenen Auffassungen
kommen. Diese jeweilige verschiedene Auffassung prägt dann aber auch
der ganzen Darstellung ihren Stempel auf.
ZORN schildert deutsches Gesandtschafts- und Konsularrecht auf der
Grundlage des allgemeinen Völkerrechts, dessen Sätze er nur insoweit an-
erkennt, als sie solche des deutschen Staatsrechts geworden sind. Seine
Darstellung zerfällt in 2 große Kapitel: Das Gesandtschaftsrecht und das