Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 42 (42)

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und Soldatenräte das Recht der Berufung und Abberufung der 
Volksbeauftragten auch in Preußen haben und eine parlamentarische 
Ueberwachung durchführen sollte. Diese Diktatur war um so 
bedeutsamer, als der Zentralrat für Preußen keine nennenswerte 
Rolle spielte und der Staatsregierung tatsächlich fast vollständig 
freie Hand ließ, auch am 12. März 1919 die Kontrolle der 
preußischen Regierung in die Hände der Nationalversammlung 
legte. 
Damit ergibt sich einerseits die Ausschaltung des schon in- 
folge der Beseitigung des Königtums überholten bisherigen Konsti- 
tutionalismus im Sinne einer Innehabung der Staatsgewalt 
durch den Monarchen und ihre Ausübung durch ihn unter Mit- 
wirkung der Volksvertreter in der Gesetzgebung und in der 
Kontrolle der Verwaltung, andererseits die Ablehnung einer die 
Volksmehrheit oder gar Volksgesamtheit ausschließenden sozialisti- 
schen Räterepublik. Das Gesetz zur vorläufigen Ordnung 
der Staatsgewalt in Preußen vom 20. März 1919 (GS. 8. 53) läßt 
die gesetzgeberische und vollziehende Staatsgewalt nicht beim 
Volke, nicht beim Arbeiter- und Soldatenrat, sondern bei der 
Landesversammlung ruhen, so daß der demokratische Grundge- 
danke hier nieht ausdrücklich ausgesprochen wurde. Deshalb hat 
man der Notverfassung mit Recht den Vorwurf gemacht, daß sie 
einem unbeschränkten Parlamentsabsolutismus Vorschub leiste. 
In der Tat wurden hohe Mehrausgaben von der schrankenlosen 
Landesversammlung beschlossen, ohne gleichzeitig für die Deekung 
zu sorgen. Damit forderte man aber geradezu die Gegenwirkung 
heraus, die sich in dem Verlangen nach „retardierenden Momenten * 
äußerte; die Notverfassung vom 20. März 1919 enthielt im übrigen 
die meisten Ansätze zu dem Gesamtbilde der endgültigen Ver- 
fassung vom 30. November 1920, das den Preußischen Staat 
seiner rechtlichen Natur nach als einen auf Volkssouveränitlät 
beruhenden republikanisch-demokratischen
	        
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