— 136 —
und Soldatenräte das Recht der Berufung und Abberufung der
Volksbeauftragten auch in Preußen haben und eine parlamentarische
Ueberwachung durchführen sollte. Diese Diktatur war um so
bedeutsamer, als der Zentralrat für Preußen keine nennenswerte
Rolle spielte und der Staatsregierung tatsächlich fast vollständig
freie Hand ließ, auch am 12. März 1919 die Kontrolle der
preußischen Regierung in die Hände der Nationalversammlung
legte.
Damit ergibt sich einerseits die Ausschaltung des schon in-
folge der Beseitigung des Königtums überholten bisherigen Konsti-
tutionalismus im Sinne einer Innehabung der Staatsgewalt
durch den Monarchen und ihre Ausübung durch ihn unter Mit-
wirkung der Volksvertreter in der Gesetzgebung und in der
Kontrolle der Verwaltung, andererseits die Ablehnung einer die
Volksmehrheit oder gar Volksgesamtheit ausschließenden sozialisti-
schen Räterepublik. Das Gesetz zur vorläufigen Ordnung
der Staatsgewalt in Preußen vom 20. März 1919 (GS. 8. 53) läßt
die gesetzgeberische und vollziehende Staatsgewalt nicht beim
Volke, nicht beim Arbeiter- und Soldatenrat, sondern bei der
Landesversammlung ruhen, so daß der demokratische Grundge-
danke hier nieht ausdrücklich ausgesprochen wurde. Deshalb hat
man der Notverfassung mit Recht den Vorwurf gemacht, daß sie
einem unbeschränkten Parlamentsabsolutismus Vorschub leiste.
In der Tat wurden hohe Mehrausgaben von der schrankenlosen
Landesversammlung beschlossen, ohne gleichzeitig für die Deekung
zu sorgen. Damit forderte man aber geradezu die Gegenwirkung
heraus, die sich in dem Verlangen nach „retardierenden Momenten *
äußerte; die Notverfassung vom 20. März 1919 enthielt im übrigen
die meisten Ansätze zu dem Gesamtbilde der endgültigen Ver-
fassung vom 30. November 1920, das den Preußischen Staat
seiner rechtlichen Natur nach als einen auf Volkssouveränitlät
beruhenden republikanisch-demokratischen