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Meinung nicht teilen sollte, daß dieser weitere Zweck, der dem
Staatsrate von der Verfassung zugedacht worden ist, sekundärer
Natur ist, so bleibt doch unanfechtbar, daß dann eben auf dem
Wege über die provinziellen Ansprüche, Interesse und Rechte
eine Hemmung des Parlamentsabsolutismus eintreten sollte, so daß
jener als primär bezeichnete Zweck um so stärkere Geltung ge-
winnt.
Auch die bisherige staatsrechtliche Literatur bestätigt (im
einzelnen mit kleinen Abweichungen) diese (von mir im wesentlichen
schon in meinen Werken: Kommentar zur Verfassung des Frei-
staates Preußen, Berlin 1921 S. 151—154 und Das Preußische
Verfassungsrecht, Bonn 1922 $S. 141 ff. vertretene) Auffassung.
Es führen aus:
ARNDT, Die Verfassung des Freistaates Preußen, Berlin 1921 S. 79, 80:
„Dem Staatsrat wird in der Verfassung eine Stellung bei der Gesetz-
gebung gegeben, die ‘der der Exekutive nach der Montesquieu’schen
Theorie entspricht, nämlich nur le pouvoir d’empäöcher „. . . Er ist
rechtlich ... . lediglich ein Organ des Landes, das allerdings von den
Provinzen gewählt wird... Der Staatsrat ist keine Erste Kammer
und keine Behörde, sondern eine gesetzgebende Körperschaft, trotzdem
er regelmäßig nur Einspruchsrecht hat... Er ist ein oberstes Organ,
von keinem anderen abhängig. Unter der Bezeichnung „Landtag“ ist
er von der Verfassung nicht einbegriffen.“
GIESE-VOLKMANN, Die preußische Verfassung, Berlin 1921 S. 84/85:
„Der Staatsrat soll den durch keinen gleichgeordneten Faktor (wie
Staatspräsident, Erste Kammer) gehemmten Landtag in Uebereinstimmung
mit dem Volkswillen halten und verhindern, daß sich ein unbeschränkter
Parlamentsabsolutismus, insbesondere auf finanziellem Gebiete, bildet.
Er soll den Gedanken der Dezentralisation gegenüber dem zentralen
Einheitsparlament verkörpern, indem neben die Vertretung der Gesamt-
heit der Volksgenossen eine Vertretung des in territorialen Gruppen ge-
gliederten Volkes gesetzt wird .. . Der Staatsrat ist keine Erste Kammer
und kein dem Landtag gleichberechtigter legislativer Faktor. Er ist ein
selbständiges Staatsorgan, das bei der Gesetzgebung und Verwaltung in
bestimmter genau abgegrenzter Weise mitzuwirken hat.“
habe, hebt die Bedeatung jener Vorgänge für die Kennzeichnung der
damaligen Bestrebungen zur Klarstellung der Tragweite des Art, 81 Verf.
nicht auf.