Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 42 (42)

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nicht hat, ergibt sich sogar aus den Verhandlungen der ver- 
fassunggebenden Landesversammlung, in denen dem Richter eine, 
wenn auch beschränkte Zuständigkeit zuerkannt wurde. 
So bleibt die Frage zu beantworten, ob die Nichteinholung des 
in Art. 40 Abs. 2 vorgeschriebenen Gutachtens des Staatsrates 
verfassungswidrig ist oder nicht. Nach allem Vorhergegangenen 
kann die Verfassungswidrigkeit nicht bestritten werden. Nach 
einem der oben gefundenen Interpretationsgrundsätze müssen die 
Rechte des Staatsrats in dem Sinne ausgelegt werden, daß sie 
dem schrankenlosen Parteiabsolutismus entgegenzuwirken haben. 
Wie stark oder schwach auch diese Gegenwirkung praktisch sein 
oder bewertet werden mag, so ist sie doch politisch möglich und 
rechtlich vorgeschrieben. Die Nichtbeachtung des Art. 40 Abs. 2 
ist daher eine Verletzung der Verfassung. Das betreffende Gesetz 
ist nicht verbindlich, weil es nicht verfassungsmäßig zustande- 
gekommen ist. Ob es verkündet worden ist oder nicht, ist nicht 
entscheidend. Ein materiell verbindliches Gesetz liegt nicht vor. 
Eine vom Staatsministerium unabhängige amtliche Stelle, in der 
Regel, wie noch zu zeigen sein wird, der Richter, ist befugt, die 
Folgerungen zu ziehen. 
Verkannt wird die Bedeutung des Art. 40 Abs. 2 in dem 
Schreiben des Ministerpräsidenten vom 7. November 1921, wenn 
es heißt: „Der Staatsrat, der durch die öffentlichen Verhandlungen 
des Landtages davon unterrichtet sein wird, wenn eine Vorlage 
zur Beratung steht, zu der er noeh nicht gutachtlich Stellung 
genommen hat, kann, wenn er eine Verletzung des Art. 40 Abs. 2 
für vorliegend hält, seine abweichende Stellungnahme schriftlich 
dem Landtag mitteilen. Er kann aber auch demnächst gegen den 
Beschluß des Landtages Einspruch ‘einlegen und wird das stets 
dann tun, wenn er der Auffassung ist, dieser Beschluß wäre 
anders ausgefallen, falls vorher der Staatsrat gutachtlich gehört 
worden wäre.“ Hierauf ist zu entgegnen: Die abweichende An- 
sicht, die der Staatsrat dem Landtag darlegen kann, ist (Art. 40
	        
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