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vorgelegt.“ Dagegen heißt es in Art. 40 Abs. 2 Satz 1:
„Vor Einbringung von Gesetzesvorlagen hat das Staatsministerium
dem Staatsrate Gelegenheit zur gutachtlichen Aeußerung zu geben.“
Daß in der Gesetzestechnik „Hat“ gleich „Muß“ ist, ist noch
niemals bezweifelt worden. Auch der Wortlaut der Vorschrift
spricht demnach für eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des
Staatsministeriums, deren Nichterfüllung die Gesetzesverbindlich-
keit ausschließt. Der Gesetzesweg war bei Nichtbeachtung des
Art. 40 Abs. 2 nicht verfassungsmäßig. Die Verkündung allein
genügt nicht, deckt bzw. heilt nicht Fehler des Gesetzesweges.
2. Was die Einzelfälle anbetrifft, so ist folgendes zu sagen:
A. Hinsichtlich der Verordnung des Justizministers, betr. die
vorläufige Aenderung von Gerichtsbezirken usw. vom 2. Juli 1921
(GS. S. 437) führt das Schreiben des Ministerpräsidenten vom
7. November 1921 aus:
Nach $ 21 Abs. 2 des Ausführungsgesetzes zum Gerichts-
verfassungsgesetz vom 24. April 1878 (GS. 8. 230) können die
Sitze und Bezirke der Amtsgerichte grundsätzlich nur durch Ge-
setz verändert werden. In Abänderung dieser Vorschrift ist durch
Art. 18 1 des Gesetzes vom 19. Juli 1919 (GS. S. 115) der
Justizminister ermächtigt worden, die mit Rücksicht auf die Aus-
führung des Friedensvertrages erforderlichen Aenderungen vor-
läufig vorzunehmen unter dem Vorbehalt, daß auf Grund dieser
Ermächtigung getroffene Anordnungen dem Landtag alsbald zur
Genehmigung vorzulegen sind. Die auf Grund dieser Bestimmung
ergebenden Maßnahmen erfolgen nicht in dem verfassungsmäßig
geordneten Gesetzgebungsweg, der eben durch das Gesetz vom
19. Juli 1919 gerade ausgeschlossen werden sollte, sondern im
Verordnungswege. Hiernach ist die Vorlage der erlassenen Ver-
ordnung an den Landtag zur Genehmigung keine Gesetzesvorlage
und für eine Ausübung der Befugnisse des Staatsrats aus Art. 40
Abs. 2 der Verfassung ist kein Raum. Die Rechtslage ist hier
die gleiche wie bei den Notverordnungen.