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währte Recht des Staatsrats, das illusorisch werden müßte, wenn
jener Vorbehalt Rechtsgültigkeit hätte.
Sollte freilich der Landtag durch einen derartigen Vorbehalt
sich nur eine authentische Auslegung des Gesetzes leisten wollen, so
behält er sich — trotz unrichtiger Bezeichnung — keine Verordnung,
sondern in Wirklichkeit ein Gesetz vor, bezüglich dessen die
Art. 40, 42 beachtet werden müssen. Der Staatsrat hätte also
hier das Einspruchsrecht, während ihm Art. 40 Abs. 4 nur ein
Anhörungsrecht gewährt.
Unzulässig wäre auch die Annahme, daß der Gesetzgeber,
weil er über den anderen Staatsgewalten stehe, sich selbst
ein Verordnungsrecht beizulegen imstande wäre. Ueber dem
Giesetzgeber steht aber die Verfassung. Nur durch ein die letztere
änderndes Gesetz würde der Landtag berechtigt werden können,
auch sich den Erlaß von Verordnungen vorzubehalten. Tatsäch-
‚lich hat der preußische Landtag sich bei Verabschiedung von
Rahmengesetzen das Recht zur Genehmigung der zu erlassenden
Verordnung vorbehalten. Das ist verfassungswidrig.
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Die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes liegt entweder dann
vor, wenn der Weg des Zustandekommens oder wenn der Inhalt
des Gesetzes der Verfassung widerspricht. Nach Art. 61 Abs. 1
gehört es zur Verbindlichkeit des Gesetzes, nicht nur vom Staats-
ministerium in der vorgeschriebenen Form verkündet, sondern
auch verfassungsmäßig zustande gekommen zu sein. Dies ist,
wie wir gefunden haben, im Falle der Nichtbeachtung der Rechte
des Staatsrats nicht der Fall gewesen. Die Verfassungswidrigkeit
eines Gesetzes und damit seine Unverbindlichkeit nach Art. 61
Abs. 1 liegt demnach klar zutage, wenn das erforderliche Gut-
achten des Staatsrats nach Art. 40 Abs. 2 nicht eingeholt und
die Möglichkeit des Einspruchs naeh Art. 42 nicht gewährt oder
genommen ist.