— 194 —
Macht, Gewalt, Willkür — eben Begriffe, die das Wesen
der Polizei im Sinne vorkonstitutioneller Auffassung ausmachten.
Dem gleiehen Geiste entspringt auch die bekannte Unterscheidung
zwischen „herrschenden“ und „dienenden“ Verwaltungen.
Ins Finanzwirtschaftliche übertragen, nimmt diese die Form der
mittelverbrauchenden und der mittelbeschaffenden
Verwaltungen an ?. Mittelbeschaffung ist heute, obschon die zu-
letzt genannte Terminologie keine anerkannt technische ist, den-
noch das allein wesentliche Begriffsmerkmal der Betriebs-
verwaltung, d.h. der Trägerin des „dienenden“ Charakters
ohne öffentlich-rechtliche Eigenschaft. Vorab die Reichs-
verkehrsverwaltungen, unter ihnen, die hier interessiert, die Reichs-
Post- und -Telegraphenverwaltung.
Bekannt ist, daß schon seit geraumer Zeit im Bereiche des
geltenden Postrechts eine neue Anschauung sich durchzusetzen
sucht, die, hauptsächlich gestützt auf OTTO MAYERs Lehre von
der öffentlich-rechtlichen Anstaltsnutzung, aber auch ge-
tragen durch die wachsende Erkenntnis von der Unhaltbarkeit
der seit der Aera des Pandektismus her altüberlieferten zivil-
rechtlichen Theorie vom Postbeförderungsvertrag, für
die Postverwaltung, soweit sie in unmittelbarer Wahr-
nehmungihrer verfassungsrechtlichen Staats-
aufgaben auftritt, Öffentlich-rechtliche Eigenschaft bean-
sprucht®. Ihren nachhaltigsten Widerstand finden diese Bestre-
® Vgl. die Terminologie „sich selbst erhaltende Aemter“ im Amtsbl.
der RSchatzVerw. 1921 Nr. 1, „Verwaltungen, die auf eigene Rechnung
wirtschaften® ebd. S. 77 Zfr. 209, „Betriebsverwaltungen mit eigenen Ein-
nahmen“ ebd. häufig.
* Eine Uebersicht der bisherigen Rechtsprechung und Literatur hierzu
gibt NEUGEBAUER im Postarchiv, Berlin 1921, S. 476 Anm. 5; N. räumt
das Vorliegen öffentlichen PTelRechts insoweit ein, als das Post- und
Telegraphen-Regal wirksam werde, also u. a. nicht im Postscheckdienst. —
Aber der Regalbegriff hat im Verfassungsstaat keinen rechtlichen Halt
mehr! Er ist abgelöst durch die verfassungsrechtlich konstituierte Be-
rechtigung und Pflicht des Staats zur Wahrnehmung bestimmter Aufgaben
im Interesse des Gemeinwesens,