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in jenem weiteren württembergisch-rechtlichen Sinn der lediglich auf
Gefahrenabwehr ohne das Mittel des Zwangs gerichteten Tätigkeit
der Verwaltung, mit einem Wort die pflegende polizeiliche Tätigkeit
wollte der Gemeinde nicht genommen werden. Bei den Zweigen, die
verstaatlicht werden, ist zu unterscheiden zwischen denjenigen, deren
Verstaatlichung durch das Gesetz erfolgt und denjenigen, deren Ver-
staatlichung dem Verordnungswege vorbehalten ist.. Durch das Gesetz
wird die Sicherheitspolizei und die Kriminalpolizei verstaatlicht. Ihr
Umfang soll durch Verordnung bestimmt werden (Art. 1 Abs. 1). Der
Begriff der Sicherheitspolizei ist der württembergischen Rechtssprache
nicht unbekannt. Die Gemeindeordnung hebt in Art. 194 Abs. 3 die
Sicherheitspolizei ausdrücklich als einen besonderen Zweig der Polizei
hervor und Art. 4 Ziffer 8 der Bezirksordnung spricht bei den Auf-
gaben, die in den Geschäftskreis der Oberämter fallen, auch von „all-
gemeinen sicherheitspolizeilichen Maßnahmen“. Die Gemeindeordnung
verwendet den im übrigen nicht scharf bestimmten Begriff im Sinn
eines Gegensatzes zur Verwaltungspolizei als der Gesamtheit der polizei-
lichen Tätigkeiten, die im Interesse einzelner Verwaltungszweige ent-
wickelt werden, wenngleich der Ausdruck „Verwaltungspolizei“ als
solcher weder im Gesetz noch in der Vollzugsverfügung zur Gemeinde-
ordnung Aufnahme gefunden hat. Ein in den Jahren 1906/07 vom
Ministerium des Inneren ausgearbeiteter aber nicht an die Stände ge-
langter Entwurf eines Gesetzes über die Verstaatlichung der Polizei
in der Haupt- und Residenzstadt Stuttgart hatte, unter Aufzählung
der in Betracht kommenden Einzelgebiete in der Begründung, Sicher-
* Als solche waren genannt folgende Polizeiverwaltungszweige:
Die allgemeine Politische Polizei (Politische Polizei im
engeren Sinne, Polizei zur Erhaltung der Sicherheit’ des Staates):. Schutz
militärischer Geheimnisse und der Einrichtungen zur Landesverteidigung,
der Brieftauben und des Brieftaubenverkehrs im Kriege, sowie des Genfer
Neutralitätszeichens. Aufsicht auf Spione, auf Anarchisten. Kontrolle von
Militärluftballons, fremdländischen Offizieren und sonstigen Ausländern.
Festhaltung fremder Deserteure. Verhütung und Bekämpfung von Zusammen-
rottungen und Aufruhr, Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Ruhe.
Die Politische Polizei im weiteren Sinne: Preß-, Vereins-
und Versammlungspolizei.
Die Waffenpolizei, die Aufsicht auf die Schützengesellschaften und
Bürgerwachen sowie auf den Verkehr mit Sprengstoffen (soweit nicht ver-
waltungspolizeiliche Maßnahmen in Frage stehen).
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