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Pflege wirkende Polizeitätigkeit beschränkt, die mit Zwang wirkende,
gebietende und verbietende Polizeitätigkeit aber auf den Staat über-
gehen würde. Eine solche Zerreißung, die Abtrennung der Polizei von
einem im übrigen der Gemeinde überlassenen Verwaltungsgebiet würde
praktisch mit sehr erheblichen Schwierigkeiten verknüpft sein. Sie
würde nicht nur die Tätigkeit der Gemeinde auf diesen Gebieten
wesentlich erschweren, verzögern und verteuern, sondern auch die Ver-
hältnisse beider Teile, des Staats und der Gemeinde zueinander durch
die notwendig damit verbundene Verstärkung der Reibungsflächen nach-
teilig beeinflussen. Dazu kommt das psychologisch ungünstig wirkende
Moment, das in der Teilung des Interesses und der Verantwortung
liegt. Die praktische Wirkung wäre die: wo bisher eine Gemeinde-
verwaltung, vielfach eine gemeindliche Behörde oder vielleicht sogar
nur ein gemeindlicher Beamter tätig war, müßten mehrere Behör-
den und Beamten, die ganz verschiedenen Verwaltungskörpern ange-
hören, tätig sein. Es wäre das Gegenteil der so dringend erwünschten
Vereinfachung der Verwaltung °.
Die räumliche Geltung der Verstaatlichung erstreckt sich nach
dem: Gesetz (Art. 1) auf die großen und mittleren Städte, d. h. die
Gemeinden über 10000 Einwohner, sowie auf die Grenzstadt Friedrichs-
hafen. Das sind z. Z. im ganzen 21 Städte. Ein Bedürfnis nach
Verstaatlichung für weitere Orte hätte im allgemeinen z. Z. nicht an-
erkannt werden können. Da sich aber im Lauf der Zeit ein solches
ergeben kann, die jedesmalige Einschlagung des Gesetzgebungsweges
hiefür aber zu umständlich wäre, ist zweckmäßig vorgesehen, daß im
Verordnungswege, und zwar wiederum durch Verordnung des Staats-
ministeriums vorbehaltlich der planmäßigen Verabschiedung der erfor-
derlichen Mittel und nach Anhörung der beteiligten Gemeinden, die
Verstaatlichung der Polizei auch in anderen Gemeinden erfolgen kann
(Art.2 Ziff. 1und 2). Damit soll auch die Verstaatlichung für eine Anzahl
Vororte von Stuttgart und Heilbronn ermöglicht werden, deren abwei-
chende Behandlung ihres engen örtlichen Zusammenhanges mit der Ober-
amtsstadt wegen untunlich und im Interesse der öffentlichen Sicherheit
nicht angängig wäre. Sodann ist für sämtliche Gemeinden des Landes
geltend im Interesse des Ausbaus der Kriminalpolizei in Art. 8 Abs. 2
des Gesetzes vorgesehen, daß für die Verhütung und Verfolgung von
s Vgl. L. v. KÖHLER, Fragen der württembergischen Verwaltungsreform,
drei Vorträge, bes, Beilage des Staatsanzeigers für Württemberg Nr. 14
von 1920, Seite 342.