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vereinigt sind, Erzeugung des Staatswillens und Vertretung der Einzel-
Interessen, grundsätzlich voneinander zu trennen, indem die Interessen-
vertretung in eine neue, rein beratende Körperschaft verlegt wird, das
Parlament aber mit allen Mitteln auf seine eigentliche Aufgabe, unparteiisch
über den Einzelinteressen zu stehen, zugeschnitten wird“ (S. 183). Die
Zusammenarbeit beider Körperschaften soll durch bevollmächtigte Gesetz-
gebungsausschüsse erfolgen, deren Zusammensetzung der Verf. in einem
Gesetzesvorschlag des näheren festlegt (S. 186). Die Gesetzgebungsausschüsse
zerfallen danach in abstimmende und beratende Mitglieder. Die abstimmen-
den Mitglieder zerfallen in Vertreter des Parlaments und der Regierung.
Als beratende Mitglieder sollen dem Ausschuß angehören Vertreter aller
durch den Gesetzentwurf berührten Interessen und Sachverständige. Die
Berufung der beratenden Mitglieder soll durch Beschluß der Abstimmenden
erfolgen. Von dieser Zusammensetzung erwartet der Verf. eine erzieherische
Wirkung auf beide Teile. Dem Parlament soll nur ein Einspruchsrecht
gegen die Beschlüsse der Gesetzgebungsausschüsse verbleiben. Im übrigen
sollen sowohl Reichswirtschaftsrat wie Plenım des Reichstags nur noch
eine Stätte der Aussprache sein, alle schöpferische Tätigkeit wird in die
Ausschüsse verlegt. Nun verhehlt sich der Verf. nicht, daß die in den
Ausschüssen sitzenden Abgeordneten Angehörige einer bestimmten Partei
sind und von ihr die politischen Richtlinien empfangen. Er will deshalb
die Stellung des Abgeordneten gegenüber der Partei stärken. Deshalb
soll der Gesetzgebungsausschuß schon an allen Vorarbeiten des Gesetzent-
wurfs teilnehmen und nach außen hin könnte das persönliche Verhältnis
der betr. Abgeordneten zum Entwurf dadurch zum Ausdruck gebracht
werden, daß das Gesetz mit der Unterschrift der Abgeordneten, die ihm
im Ausschuß zugestimmt haben, veröffentlicht wird. Von diesen Vor-
schlägen erwartet der Verf. die Neuschaffung eines den Einzelinteressen
übergeordneten Staatswillens, der eben alle Sonderinteressen in gerecht
abwägender Weise in sich aufgenommen hat. Er will dadurch bei den
Staatsorganen sachliches Verständnis für die Interessen aller Volksteile
wecken und Führer heranbilden“, die ihre Stellung nicht der Kunst des
Ausspielens einer Klasse gegen die andere verdanken, sondern die sich
das Vertrauen des Volkes erworben haben durch unparteiische schöpferische
Leistungen im Dienste des Gesamtwohls, aufgebaut auf praktische Kenntnis
der Lebensbedingungen und Bedürfnisse aller Volksklassen“ (S. 189).
Wahrlich ein mit allen Mitteln zu erstrebendes Ziel! Aber es er-
scheint mir doch recht fraglich, ob die Vorschläge des Verf.s uns diesem
Ziele näher bringen können. Es ist ihm ohne weiteres Zuzugeben, daß
wir neue Formen auch im Staatsleben brauchen. Denn weder wird das
alte jemals unverändert wiederkehren, noch befriedigt die gegenwärtige
Staatsform, die in Ermanglung einer besseren mehr als Aushilfsmittel er-
scheint. Immerhin muß aber die Entwicklung an die heutige Form an-