Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 42 (42)

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Unter Eingreifen kann man Verschiedenes verstehen. Für die 
Reichsaufsicht ist wesentlich, daß die Reichsregierung nicht bloß 
durch politischen Druck auf die Länder einwirken kann, sondern 
daß die letzteren von Rechts wegen verpflichtet sind, dem Ein- 
greifen stattzugeben. 
Diese Normierung der Reichsaufsicht ist lehrreich für das 
Verständnis der Abhängigkeit der Regierung von Landtage nach 
sächsischem Staatsrecht. 
Der Landtag hat die Politik und Verwaltung zu „überwachen“. 
Davon, daß der Landtag zuständig sei, in die Politik und Ver- 
waltung mit Rechtsbefehlen vorbeugend oder berichtigend einzu- 
greifen, ist kein Wort in der Verfassung zu lesen. Da sie es 
mit der Abgrenzung rechtlicher, nicht mit der Abgrenzung poli- 
tischer Befugnisse zu tun hat, diese innerhalb der rechtlichen 
Schranken dem freien Spiel der Kräfte überläßt, wird man dem 
Landtage nicht versagen dürfen, durch politische Druckmittel 
auf die Regierung einzuwirken, sie seinen Wünschen willfährig 
zu machen. Aber gänzlich ausgeschlossen ist die Annahme, daß 
der Landtag befugt sei, der Regierung Befehle zu erteilen mit 
der Maßgabe, daß sie rechtlich verbunden wäre, ihnen Folge 
zu leisten. Von einem solchen Eingreifen des Landtags kann 
keine Rede sein. Die Regierung braucht sich ein Hineinregieren 
des Landtags nicht gefallen zu lassen. Die Minister allein regie- 
ren, sie sind dem Landtage nicht untergeordnet, ihm nicht zum 
Gehorsam verpflichtet, der Landtag hat den Ministern von Rechts 
wegen nichts zu befehlen. 
Dies folgt auch daraus, daß die Minister für ihre Politik und 
Verwaltung dem Landtage verantwortlich sind, Art. 29. Sie sind 
verantwortlich nicht dafür, daß ihr Handeln den Wünschen des 
Landtags, sondern dafür, daß es den Gesetzen und dem Wohle des 
Landes entspricht?!. Wer in solcher Weise verantwortlich sein 
21 Zu vgl. die oben unter I mitgeteilte Stelle aus der Begründung des 
Verfassungsentwurfs.
	        
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