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soll, muß rechtlich in seinen Entschließungen frei sein, darf nicht
verpflichtet sein, fremden Anordnungen zu gehorchen.
Dieser Inhalt der Verantwortlichkeit des Ministerpräsidenten
und der Minister ist bedeutsam für die rechtliche Stellung, die
sie dem Landtage gegenüber einnehmen.
Die Verantwortlichkeit selbst weist auf eine rechtliche Pflicht
hin. Das einzige Rechtsmittel, durch das die Verfassung ihre
Erfüllung sichert, ist freilich die Entlassung, eine Ministeranklage
ist dem sächsischen Rechte unbekannt.
IV. Man kann die Regierung und den Landtag als einander
nebengeordnete unmittelbare Staatsorgane bezeichnen.
„Das Wesen unmittelbarer Organe äußert sich, nach G. JEL-
LINEK °?, rechtlich darin, daß sie niemals der Befehlsgewalt eines
anderen Organs unterstellt sein können, daß sie daher in Be-
ziehung auf den Inhalt ihrer Funktionen ganz selbständig ge-
stellt sind.“
Die unmittelbaren Organe dürfen nicht verwechselt werden
mit den unmittelbar berufenen Organen ??. Mit der Berufung der
Organe hat es folgende Bewandtnis **. Sie kann durch Rechtssatz
*? Allgemeine Staatslehre (3) S. 548. Nicht die Unterordnung unter
die Staatsgewalt, sondern die Unterordnung unter ein anderes Staats-
organ kommt in Betracht. Nicht bloß im Staat, sondern auch in der
Gemeinde begegnet uns der Unterschied zwischen unmittelbaren und mittel-
baren Organen. JELLINEK, System der subjektiven Öffentlichen Rechte (2)
S. 186 Anm. 1.
* Das, was JELLINEK, Allgemeine Staatslehre (3) S. 544, System der
subjektiven Öffentl. Rechte (2) S. 154 ausführt, läßt diese Unterscheidung
vermissen. Ebenso die Darlegung SCHOENs in von HOLTZENDORFF-KOHLER8
Encyklopädie (7) Bd. IV S. 214.
® Wieder eine andere Bewandtnis hat es mit der Unterscheidung
zwischen unmittelbaren und mittelbaren Staatsämtern. SCHOEN, a. a. 0.
S. 215: „Die Aemter der Öffentlichen Verbände werden im Gegensatz zu
den Reichs- und Staatsämtern, die man dann unter dem Namen unmittel-
bare Staatsämter zusammenfasst, auch als mittelbare Staatsämter be-
zeichnet; zu welcher Bezeichnung der Gedankengang führt, daß die Träger
dieser Aemter, indem sie unmittelbar Geschäfte der öffentlichen Verbände
besorgen, mittelbar staatliche Geschäfte verrichten, da die Aufgaben der
öffentlichen Verbände Staatsaufgaben sind.“