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Der Landtag hat das Recht, den Ministerpräsidenten zu wählen
und ihn sowie die übrigen Minister jederzeit nach freiem Belieben
zu entlassen. In diesem Sinne ist die Regierung in rechtlichem
Sinne abhängig vom Landtage.
Der Umstand, daß der Ministerpräsident vom Landtage ge-
wählt wird, bringt ihn aber nicht in ein rechtliches Unterordnungs-
verhältnis zu diesem, nimmt ihm nicht seine Eigenschaft als un-
mittelbares Organ.
Die Ernennung der Einzelminister steht nicht dem Landtage,
sondern dem Ministerpräsidenten zu. Daß dieser dem Landtage
genehme Minister zu ernennen hat, ist eine politische Erwägung;
vielleicht überwindet er die Abneigung des Landtags gegen einen
von ihm in Aussicht genommenen Minister durch die Erklärung,
daß er von der Zulassung desselben seine Präsidentschaft abhängig
mache. Verfassungsrechtlich ist der Ministerpräsident bei der Er-
nennung der Minister frei*?®, ebenso bei ihrer Entlassung, die er
jederzeit herbeiführen kann *.
vielleicht besser sei, das Verhältnis als rein tatsächlich-politisch aufzu-
fassen. Und bei G. JELLINEXK, Schriften und Reden Bd. II S. 374 heißt es:
„Die Vorstellung, ale ob der Wähler dem Deputierten durch die Wahl ein
Recht übertrage, so verbreitet sie ist, kann ruhiger Erwägung nicht stand-
halten. Nicht sein Recht übt der Wähler aus, sondern das des Staates,
der, um passende, von dem allgemeinen Vertrauen getragene Organe für
seine Willensbildung zu finden, durch die Wahl des Volkes diese Organe
sich bilden läßt. Nicht des Wählers, sondern des Staates Recht übt der
Abgeordnete aus. Sein Wille hat ebenso im Dienste der Staatsidee zu
stehen wie der jedes anderen staatlichen Organes.“ Gleicher Ansicht
LABAND, Archiv für öffentl. Recht Bd. XII S. 279 f.
438 PoeTzscH, Handausgabe der Reichsverf. (2) zu Art. 53 S. 105£.:
„Das Vorschlagsrecht des Reichskanzlers und das Ernennungsrecht des
Reichspräsidenten sollen nicht bloß formelle Befugnisse sein. Es wider-
spricht dem Geiste der Verfassung, wenn Reichskanzler und Reichsminister
von der Reichstagsmehrheit oder gar nach dem Schlüssel der numerischen
Stärke von den Fraktionen aus ihrer Mitte präsentiert werden. In dem
Ernennungsrecht des Präsidenten soll ein Gegengewicht gegen die Macht
des Parlaments liegen. Es darf nicht aus Sorge vor einem möglichen
Mißtrauensvotum zu einem bloßen Schein herabgedrückt werden.“
4 M. E. geht ScHELCHER, Jahrbuch des öffentl. Rechts 193 XS. 289,