Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 42 (42)

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gebung und Verwaltungsleitung allein besorge. Diese völlige 
Gewaltenkonzentration sei das Leitprinzip für die Verfassung der 
Länder geworden. Die Reichsverfassung habe vielmehr neben dem 
Reichstag und den Ministern noch ein zweites Organ geschaffen, 
den Reichspräsidenten. — „Die gesamte Regierungsführung durch 
den Reichskanzler bewegt sich unter Verantwortung gegenüber 
dem Reichstag. Dieser kann sie in jedem Einzelfalle selbst 
in die Hand nehmen.“ — „Es kann an und für sich 
jeder Verwaltungsakt zum Gegenstand einer 
Entschließung des Reichstags gemacht werden, näm- 
lich auf Grund des allgemeinen Prinzips der Abhängigkeit der 
Regierung vom Reichstag. Aber es bedarf dazu eines besonderen 
Verlangens im einzelnen Fall, sei es auf Initiative der Regierung 
selbst (in Form einer Tagesordnung), sei es auf solche aus der 
Mitte des Reichstags (in Form einer Interpellation). Solange sie 
nicht erfolgt, trifft die Reichsregierung allein ihre Entschließung. 
Sie gilt verfassungsmäßig als generell ermächtigt, alle Regierungs- 
maßnahmen zu treffen, solange der Reichstag eine solche 
nicht an sich zieht.* Weiter sagt R. ScHmipr®, daß 
die Volksvertretung „die Verwaltungsleitung der Minister über- 
wacht und gelegentlich einzelne Fragen der Verwaltung zu 
eigener Entschließung an sich zieht oder das 
Kabinett umbildet“. 
Es ist unerfindlich, wie aus der Vorschrift in Art. 54 der 
Reiehsverfassung °* abgeleitet werden kann, daß die Reichsregie- 
rung nichts ist als ein aktiver Ausschuß, als ein Geschäftsführer 
des Reichstags, der sich der Meinung und dem Willen desselben 
zu fügen, der sich von ihm in Regierungsangelegenheiten beiseite 
zu drücken lassen hat. 
84.20.34. 
5 Der Reichskanzler und die Reichsminister bedürfen zu ihrer Amts- 
führung des Vertrauens des Reichstags. Jeder von ihnen ‚muß zurück- 
treten, wenn ihm der Reichstag durch ausdrücklichen Beschluß sein Ver- 
trauen entzieht.*
	        
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