— 239 —
Es ist nicht anzunehmen, daß eine Verfassung selbstverständliche,
überflüssige Bestimmungen enthält.
Weiter. Nach Art. 29 bestimmt der Ministerpräsident die
Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung; inner-
halb dieser Richtlinien leitet jeder Minister den ihm anvertrauten
Geschäftszweig selbständig und unter eigener Verantwortung. Von
einer Verantwortlichkeit zu reden, ist nur Anlaß, wenn der Mini-
sterpräsident, die Minister auf eigene Hand tätig werden, dazu
sind sie bei Unterordnung unter den Landtag nicht befugt. Daß
sie dem Landtag für die Erfüllung reehtsverbindlicher Anweisungen,
die ihm dieser erteilt, verantwortlich sind, würde sich bei
einer Unterordnung wiederum von selbst verstehen.
Endlich wird für gewisse Regierungsakte die Zustimmung
des Landtags besonders verlangt. Daraus folgt, daß die Regie-
rung im übrigen selbständig handelt. Staatsverträge, die sich
auf Gegenstände der Gesetzgebung beziehen und Kreditaufnahmen
bedürfen nach Art. 28 und Art. 45 der Zustimmung des Landtags.
In Art. 40 ist die Rede von einer Anordnung, die ihrer Art nach
der Zustimmung des Landtags bedarf. Es kann kein Zweifel
obwalten, daß die Zustimmung des Landtags zu Regierungsmaß-
nahmen als Ausnahme angesehen wird.
Das Ergebnis ist: die Worte Ministerpräsident, Minister
dürfen nicht irreführen. Die Regierung ist nicht einem andern
Staatsorgan, insbesondere nicht dem Landtage, sondern sie ist
nur dem Staate selbst untergeordnet. Es handelt sich um Staats-
diener in dem weiteren Sinne, in welchem auch der Monarch, der
Präsident der Republik, die Volksvertreter Staatsdiener sind ”.
7" Auch das Wort „Beamter“ wird bisweilen in diesem weiteren Sinne’
gebraucht. So sagt KoRMANN in Grünhuts Zeitschrift Bd. 38 S. 96: „Auch
der Monarch ist Beamter in dem weiteren Sinne eines Staatsorganes und
seine Stellung ist ein Amt.“ In der Schweiz ist dieser Gebrauch des Wortes
im weiteren Sinne üblich, zu vgl. unten. — In dem sächsischen Gesetz
über die Dienststellung der Minister vom 5. Juli 1919 heißt es in $ 1:
„Auf die Minister finden die für die Zivilstaatsdiener geltenden Vorschtiften
Archiv des öffentlichen Rechts. XLII. 3, 19