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Unsere sächsische Verfassung bezeichnet dagegen in Art. 25
Abs. 1 das Gesamtministerium als die „oberste Staats-
behörde‘. WOELKER!P® berichtet folgendes: „Der Regierungs-
entwurf hatte die Bezeichnung weggelassen, um auch nur den
Anschein zu vermeiden, als solle das Gesamtministerium eine all-
gemeine Aufsichts- und Beschwerdeinstanz über den übrigen Be-
hörden sein. Der Abgeordnete Beutler sprach in der ersten Lesung
im Plenum die Vermutung aus, daß das Gesamtministerium
nach dem Entwurfe etwas ganz anderes zu sein scheine, als das
Gesamtministerium des vorläufigen Grundgesetzes, »daß es minder-
wertiger geworden und herabgedrückt seie. Um dieses Bedenken
zu entkräftigen, hat der Verfassungsausschuß die Worte „oberste
Staatsbehörde“ wieder eingefügt. Er hat damit dem Gesamtmini-
steriun keine allgemeine Aufsichtsbefugnis über die übrigen
Ministerien beilegen wollen, sondern nur »unzweideutig zum Aus-
druck bringen wollen, daß das Gesamtministerium in politi-
schen Dingen die oberste Instanz gegenüber den Fachministern
ist«e. Mit diesen Worten faßte der Abgeordnete DIETEL als stell-
vertretender Ausschußvorsitzender das Ergebnis der langen Aus-
sprache zusammen. Der Ausschuß ging dabei davon aus, daß
das Gesamtministerium dieselbe Stellung im Behördenorganismus
behalten solle, die ihm die Entwicklung nach Verabschiedung des
vorläufigen Grundgesetzes gegeben hat.“
Hierzu ist folgendes zu bemerken.
Nach dem vorläufigen Grundgesetz für den Freistaat Sachsen
von 28. Februar 1919 gab es gleichfalls drei Regierungsorgane:
das Gesamtministerium, das als oberste Staatsbehörde bezeichnet
wird, den Ministerpräsident und die anderen Einzelminister. Die
Vertretung des Staates nach Außen und ähnliche Rechte hat. Oberstes
Regierungsorgan mit den üblichen Rechten des Staatsoberhauptes in den
Ländern ist stets die Landesregierung als Kollegium.“ Das ist nicht
richtig, primus inter pares ist der Ministerpräsident nur in kollegialen
Regierungsangelegenheiten. Zutreffend WOELKER a. a. O. S. 112.
ı8 A,a.0. S. 111.