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antwortlichkeit an. REDSLOB meint, der Bundesrat fügt sich,
unterwirft sich; seine Darstellung begnügt sich aber offensichtlich
mit dem, was erfahrungsgemäß tatsächlich geschieht, läßt die
Frage offen, was von Rechtswegen zu geschehen hat. Nach VAN
HUSEN ist der Bundesrat der Bundesversammlung rechtlich nicht
untergeordnet, aber ihrer Kontrolle unterworfen.
Ein klares Bild von der verfassungsrechtlichen Stellung des
Bundesrates ist damit noch nicht gewonnen. Es bleibt insbeson-
dere zu beachten, daß nach Art. 85 Ziffer 11 der Bundesversamm-
lung nicht die Kontrolle, sondern die „Oberaufsicht“ über
die eidgenössische Verwaltung zusteht.
Welehe Auskunft gibt die schweizerische Staatsrechtswissen-
schaft? Hören wir BURCKHARDT.
Er spricht sich zunächst über die politische Praxis
dahin aus !!?: „Nach schweizerischer Auffassung ist die Regierung
dem Parlament gegenüber nicht die Trägerin einer selbständigen
Politik; obschon im Bund durch die Mehrheit des Parlaments ge-
wählt, ist sie nicht berufen, die politischen Ziele derjenigen Mehr-
heit, die sie gewählt hat, dem Parlament gegenüber zu vertreten
und zu verfolgen. Es wird vielmehr als selbstverständlich be-
trachtet, daß das Parlament die Orientierung der staatlichen Poli-
tik angibt, und daß sich die Regierung diesem Willen der Volks-
vertretung zu unterziehen hat, wenn es zu Meinungsverschieden-
heiten kommt. Das einzelne Mitglied der Regierung mag es mit
seinem Gewissen ausmachen, ob es trotzdem sein Amt weiterführen
kann; ein politischer Konflikt entsteht nieht zwischen Regierung
und Parlament. Wesentlich deshalb kennen weder der Bund noch
die Kantone die Ministerkrisen ; die Regierung erkennt ihre grund-
sätzliche Unterordnung unter das Parlament von vornherein an.“
BURCKHARDT fügt hinzu: „Diese Unterordnung beruht zu-
nächst auf der parlamentarischen Sitte.“ Fährt aber dann fort:
19 A, a. 0. S. 659 zu Art. 71. Vgl. auch S. 707 zu Art. 85211;
S. 732 f. zu Art. 9.