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meindeorgane ein wechselseitiges Recht der Kontrolle, der
Ueberwachung haben !?%,
XII. Wir kommen zum Schluß. Es bleibt dabei: Wie die
Reichsregierung dem Reichstage, so ist die sächsische Regierung
ihrem Landtage gegenüber ein verfassungsrechtlich neben geord-
netes Organ mit eigenem selbständigem Wirkungskreis, in den
einzugreifen dem Reichstag, dem Landtag rechtlich nieht zusteht.
Die Ansicht, daß die Regierung nichts weiter sei als der
Beauftragte, der Geschäftsführer, das Vollzugsorgan des Parla-
mentes, daß dieses der Vorgesetzte der Regierung sei, dessen
Meinung und Wille sie sich zu fügen habe, daß das Parlament
sogar befugt sei, Regierungsmaßnahmen an sich zu ziehen, ist
vom Standpunkte des Staatsrechts aus wie für das Reich so auch
für Sachsen mit aller Enntschiedenheit zu bekämpfen. Diese An-
sicht ist verfassungswidrig.
Man mag sich nicht ohne Grund auf den Standpunkt stellen,
daß eine Durchführung des Grundsatzes von der Teilung der Ge-
walten für den Rechts- und Verfassungsstaat wenn nicht not-
wendig, so doch dringend empfehlenswert sei, und beklagen, wenn
dieser Grundsatz in einer Verfassung nicht in dem wünschens-
werten Maße anerkannt und verwirklicht wird. Es ist auch ver-
ständlich, wenn man einem Verfassungsentwurf gegenüber,
um ihn zu Fall zu bringen, diesen Standpunkt mit aller Ent-
schiedenheit geltend macht.
Aber es empfiehlt sich meines Erachtens nicht, eine geltende
Verfassung, an deren Aenderung in absehbarer Zeit nicht zu
denken ist, einer überscharfen Kritik zu unterwerfen, die eine
politische Gestaltung der Dinge, die man selbst für verderblich
hält, ohue zwingenden Grund als unvermeidlich hinstellt. Der
politische Gegner wird dadurch in seiner Position gestärkt, er.
13 Zu vgl. STIER-SOMLO im Handbuch des kommunalen Verfassungs-
und Verwaltungsrechts in Preußen Bd. I S. 376.