Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 42 (42)

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entgegenstehenden gesetzlichen und kirchengesetzlichen Bestimmungen 
aufgehoben, insbesondere Art. 213 der Neuen Landschaftsordnung 
und das Gesetz über die Errichtung einer Landessynode vom 31. Mai 
1871 nebst den dieses abändernden späteren Gesetzen. 
In Braunschweig ist eine verfassunggebende Synode zusammen- 
getreten. Die Mitglieder sind in allgemeiner, gleicher, unmittelbarer 
und geheimer Wahl nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. 
Wahlberechtigt waren alle männlichen und weiblichen Mitglieder der 
evangelisch-Iutherischen Landeskirche, die am Wahltage das 25. Lebens- 
jahr vollendet hatten. Ausgeschlossen waren Personen, die sich nicht 
im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte befanden, unter Vormund- 
schaft oder Pflegschaft standen, nicht konfirmiert oder ihres Wahl- 
rechts nach landeskirchlicher Bestimmung für verlustig erklärt waren, 
durch unehrenhaften Lebenswandel oder durch tatsächliche Verachtung 
der Religion oder der Kirche öffentliches Aergernis gegeben hatten. 
Die Landesregierung, mit deren Zustimmung die Synode auf der an- 
gegebenen Grundlage gewählt war, hat sie zunächst als rechtsbeständig 
anerkannt, indem sie ihren Mitgliedern Tagegelder und Reisekosten 
bewilligte. Später hat die Landesregierung ihren Standpunkt geändert 
und einem von der Synode beschlossenen Kirchengesetz über die Ein- 
setzung einer einstweiligen Kirchenregierung die Austimmung versagt. 
Die Landesversammlung billigte den späteren Standpunkt der Regie- 
rung und lehnte einen Antrag, die Synode als rechtsgültig gewählt 
und als rechtmäßige Vertretung der Landeskirche anzuerkennen, aus- 
drücklich ab. Landesregierung und Landesversammlung berufen sich 
darauf, daß bei den Wahlen zur Synode die Vorschriften des $ 22 
des Gesetzes vom 20. Juni 1919 nicht innegehalten sind. 
Nach vergeblichen Bemühungen, zwischen Landesregierung und 
Landesversammlung einerseitsund Landessynode und Landeskonsistorium 
anderseits eine gütliche Einigung herbeizuführen, hat der Reichsminister 
des Innern (RMI.) unter dem 29. April 1921 gemäß Art. 13 Abs. 2 
der Reichsverfassung und 88 1, 2 des Gesetzes vom 8. April 1920 
(RGBI. S. 510) die Entscheidung des Reichsgerichts angerufen und 
beantragt: 
Entscheidung dahin zu treffen, daß $ 22 Abs. 1 Satz 5 und 6 des 
braunschweigischen Gesetzes vom 20. Juni 1919, zur Aenderung 
der Neuen Landschaftsordnung vom 12. Oktober 1832, mit Art. 137 
Abs. 3 der Reichsverfassung in Widerspruch steht. 
Der Präsident des Reichsgerichts hat die Entscheidung dem
	        
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