Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 42 (42)

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eben mit Rücksicht auf Artikel 137 der Reichsverfassung. Ich bin 
aber nicht durchgedrungen, weil man es vorzog, die offensichtlich 
vorhandene augenblickliche Mehrheit lieber zu einer Bestätigung zu 
benutzen; ein Fehler bleibt es trotzdem, denn nun ist der Grundsatz 
festgelegt. 
Was nun den Standpunkt der Staatsregierung angeht, so zeigt 
sich dieser in der Begründung zu dem Staatsgesetze betr. das kirch- 
liche Wahlrecht in den alten Provinzen, wo folgendes’ gesagt wird: 
„Das im Art. 137 Abs. 3 der Reichsverfassung den Religions- 
gesellschaften eingeräumte Recht, ihre Angelegenheiten selbständig ' zu 
regeln, bezieht sich auf die innerkirchlichen Angelegenheiten; das 
Körperschaftsrecht als solches ist staatliches Recht. Soweit daher 
Kirchengesetze in dieses staatliche Recht hinübergreifen, bedürfen sie 
auch in Zukunft der staatsgesetzlichen Bestätigung.“ 
Damit nimmt also die Staatsregierung ein weitgehendes Recht 
der Mitbestimmung in Anspruch, und es fragt sich, wieweit sie damit 
recht hat. Da liegt nun der Schlüssel zur Sachlage in folgender 
Stelle derselben Begründung: 
„Die drei Kirchengesetze bedürfen aber der Bestätigung durch 
ein Staatsgesetz. 
Die evangelische Kirchengemeinde wie auch die evangelischen 
Landeskirchen sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Nach 
Art. 137 Abs. 5 der Reichsverfassung bleiben sie es. Durch das 
kirchliche Gemeindewahlgesetz und das Kirchengesetz, betreffend eine 
außerordentliche Kirchenversammlung zur Feststellung der künftigen 
Verfassung, werden jedoch die Grundlagen geändert, auf denen die 
Willensbildung der Kirchengemeinden und der Landeskirche als Rechts- 
subjekte des öffentlichen Rechts beruhen. Die Körperschaftsrechte 
der Kirchengemeinden gründen sich auf die durch die Staatsgesetze 
vom 25. Mai 1874 (Gesetzsamml. S. 147) und vom 28. Mai 1894 
(Gesetzsamml. S. 87) bestätigte Kirchengemeinde- und Synodalordnung 
vom 10. September 1873 (Gesetzsamml. 8. 418), die der Landeskirche 
auf die durch die Staatsgesetze vom 3. Juni 1876 (Gesetzsamml. $. 125) 
und vom 28. Mai 1894 (Gesetzsamml. S. 87) bestätigte Generalsynodal- 
ordnung vom 20. Januar 1876 (Gesetzsamml. S. 8). 
Das Willensorgan der Kirchengemeinde, der Gemeindekirchenrat, 
durch den auch die vermögensrechtliche Vertretung der Kirchenge- 
meinde erfolgt, soll in Zukunft gebildet werden nicht mehr nach den 
Vorschriften der Kirchengemeinde- und Synodalordnung, sondern nach 
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