Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 42 (42)

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zu ‚befestigen, zu ergänzen und zu vertiefen. Besonders wertvoll waren 
ıhm dafür die eingehend geprüften Ausführungen von Somuo, der tiefer 
als alle seine Vorgänger in das Problem der Normennatur des Rechts ein- 
gedrungen ist und seine große Bedeutung für die ganze Lehre der juri- 
stischen Grundbegriffe am besten erkannt und in seiner „Juristischen Grund- 
lehre“ (1917) dargelegt hat. 
Es bleibt in diesem Zusammenhang noch die Sonderfrage zu prüfen, ob 
es zum Begriff des Gesetzes gehört, daß seine Norm sich an eine Mehrzahl 
von Personen richtet oder auf viele oder doch eine unbestimmte Anzahl 
von Fällen anwendbar ist (Allgemeinheit der Gesetzesnormen), 
oder ob es möglich ist, daß das Gesetz sich an eine einzelne Person richtet 
und einen konkreten Einzelfall zum Gegenstande hat (Individual- 
normen). Letztere Alternative trifft zu. Wenigstens läßt das ALR. keinen 
Zweifel, daß Gesetze auch Einzelnormen enthalten können. 
Als Ergebnis dieses Abschnittes können wir verzeichnen: Beide Ge- 
danken — Handlungs- und Urteilsnormen — gehören wohl zum Wesen 
des Gesetzesbegriffes, erschöpfen ihn aber nicht. Sie sind Gattungsmerk- 
male des Begriffes, geben noch keine Handhabe, aus dem Wirrsal der un- 
zähligen Normen gerade die Gesetzesnormen herauszufinden. Das Ergebnis 
der beiden ersten Abschnitte faßt W. selbst in die Definition zusammen: 
Gesetze (im landrechtlichen Sinne) sind diejenigen Imperativ- und Urteils- 
normen, die durch die oben dargelegte Bildungsform hindurch gegangen 
sind, die also aus den Worten der vom König unterzeichneten und vor- 
schriftsmäßig bekannt gemachten Urkunde herauszudenken sind. Noch 
fehlt aber die nähere Kenntnis über die Art der Leistung des Gesetzes; 
die spezifische Differenz kann nur in einer besonderen Art der Autorität 
des Gesetzes bestehen. Da die Autorität der Norm gleich der des Norm- 
setzers ist, muß die Art und Zuständigkeit des Gesetzgebers im Zusammen- 
hang mit dem Menschenkreis, in dem er wirkt, erforscht werden. Aus- 
zugehen ist hierbei von dem Zusammenhang der Gesetzesnormen. 
II. So kommt W. zur Erörterung der Gesetzesgemeinschaft. 
Die isoliert, als Einzelerscheinung undenkbaren Gesetzesimperative bilden 
stets eine Gesamterscheinung, ein bestimmtes einheitliches „Gesetzessystem*. 
Der einheitliche Charakter eines solchen Gesetzessystems beruht in der 
gleichen Stellung aller ihm angehörigen Gesetzesimperative zu der gesetz- 
gebenden Instanz, in der Unterstellung der Geltung aller dieser Imperative 
unter denselben gesetzgeberischen Willen (ohne daß freilich die Normen 
notwendig ausnahmslos von dieser Instanz gesetzt zu sein brauchen). 
Folglich können die Gesetzesimperative eines und desselben Gesetzessystems 
nicht in einem juristisch unaufhebbaren Widerstreit miteinander stehen; 
ihrer aller Geltüng und Verbindlichkeit ist eine einheitliche, ein Wider- 
spruch unter ihnen ist ausgeschlossen. Einem jeden Gesetzessystem ist 
nun eigentümlich, daß der Gesetzgeber seine Normen im Regelfalle nur an
	        
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