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einen bestimmten Ausschnitt der Erdenbewohner zu adressieren pflegt.
Das gleiche Verhältnis dieses allein angesprochenen Personenkreises zum
Gesetzgeber gibt den diesem Kreise angehörigen Personen den Charakter
einer Einheit, eines menschlichen Verbandes, einer Gemeinschaft, einer vom
Wandel der Geschlechter unabhängigen Realität. Der Gesetzgeber wird
selbst durch diese Gemeinschaft näher determiniert. Der Gesetzgeber ist
die normsetzende Instanz einer gewissen menschlichen Gemeinschaft, seine
Gesetze sind die von der maßgebenden Instanz dieser Gemeinschaft ge-
setzten Normen, sein Gesetzessystem ist ein durch diese Gemeinschaft
näher determiniertes Normensystem. Das Gesetz ist Gemeinschaftswille.
Wir bezeichnen die den Gesetzgeber determinierende Gemeinschaft als
Gesetzesgemeinschaft, die der Gemeinschaft angehörenden Menschen
als Gesetzesuntertanen. Der Staatsbegriff ist zu vieldeutig, um schon
hier verwendbar zu sein.
Dieser Gedankenbau des Verf. befriedigt nicht recht. Schwebt nicht
infolge der Ausschaltung des Staatsbegriffes alles gewissermaßen in der
Luft? Konnte nicht, da allerdings der Staatsbegriff mehrdeutig ist, ein
ganz bestimmt umrissener Staatsbegriff aufgestellt und zur Grundlage ge-
nommen werden? Hätte nicht durch das starke Rückgrat der Staatsgewalt
die ganze Gedankenoperation größere Festigkeit und bessere Anschaulich-
keit bekommen? Warum bezeichnet W. nicht einfach und deutlich die
Gesetzesgemeinschaft als den Staatsverband, den gesetzgeberischen Willen
als den staatlichen Willen? Späterhin muß er doch mit dem Staatsbegriff
operieren und gibt dort selbst zu, daß nur Staat — Staatsperson das Gesetz
logisch voraussetzt, dagegen Staat = Staatsgemeinschaft mit der alle „Gesetzes-
untertanen® umfassenden Gesetzesgemeinschaft identisch ist. Warum bleibt
diese klare und geläufige Bezeichnung Staatsgemeinschaft zugunsten der
viel weniger anschaulichen „Gesetzesgemeinschaft“ hier noch ausgeschaltet ?
Diese Bedenken müssen wir in noch stärkerem Maße den weiteren Ausfüh-
rungen W.' entgegensetzen.
Diese beschäftigen sich mit den Grenzen der Gesetzesgemein-
schaft (warum nicht Staätsgemeinschaft?). Es gibt zwei Begrenzungs-
merkmale, ein persönliches und ein räumliches. Das räumliche Merkmal
ist ein bestimmter Teil der Erdoberfläche, das sog. „Staatsgebiet“ (nach
W.' Ansicht in Anführungszeichen); der Aufenthalt darin begründet die
volle Unterstellung unter die Herrschaft des Gesetzgebers und seiner Ge-
setze, auch der „einheimischen“ Fremden, die nicht staatsangehörig, aber
Gesetzesuntertanen sind. Was das persönliche Merkmal angeht, so erfaßt
der besondere Gesetzgebungsbereich über den vorbezeichneten Raum
hinaus alle Menschen, bei denen gewisse persönliche Merkmale zutreffen ;
diese unabhängig vom Gebiet der Herrschaft des Gesetzgebers unter-
worfenen Personen sind die entweder „einheimischen“ oder „ausheimi-
schen“ sog. Staatsangehörigen, welche sämtlich Gesetzesuntertanen sind.