Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 42 (42)

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über die Beziehung zwischen Gesetz und Völkerrecht Klarheit gewinnen. 
Zunächst zieht W. aus der Unterscheidung nachstehende wichtige Folge- 
rungen: 1. der Staat, d.h. die Figur der personifizierten Staatsgemeinschaft 
ist nur der formelle Adressat der Gesetzesimperative, ihre materiellen 
Adressaten sind die den Staat repräsentierenden Menschen. 2. Der Wille 
des Staates = Staatsgemeinschaft ist der Wille der Gesetzesgemeinschaft; 
der Wille des Staates = Staatsperson ist ein gesetzlicher Zurechnungs- 
begriff, indem der objektivierte Wille von Menschen nicht diesen Menschen 
selbst, sondern der Staateperson zugerechnet wird. 3. Ein Widerstreit 
:mehrerer dem Staate zugerechneter Akte bedeutet gesetzlich mögliches, 
‚daher die Einheitlichkeit der Staatsperson nicht zerstörendes Staatsunrecht. 
Da es neben der gesetzlichen Gesamtperson Staat noch andere vom 
«Gesetz geschaffene Gesamtpersonen gibt, sind Gattung und Art der 
Staatsperson näher zu bestimmen, und zwar durch Betrachtung der 
aus der Staatsperson herausholbaren Einzelfiguren. 
Deren wichtigste ist die Figur der Herrschergewalt. Willens- 
‚herrschaft ist die Macht, einseitig den willensfähigen Menschen Imperative 
zu erteilen und ihre Befolgung auch gegenüber dem widerstrebenden Meinen 
‚des Adressaten mit eigenen Mitteln durchzusetzen. Bei einer Gesamtperson 
werden diese Imperative und diese Mittel derselben Gesamtperson gesetz- 
lich zugerechnet. Insofern übt auch die Gesamtperson eine Willensherr- 
schaft aus. Die Willensherrschaft der Staatsperson ist die Staatsgewalt. 
Die Staatsperson ist vom Gesetzgeber (erst vom Gesetzgeber? Ja, als 
Staatsperson) mit der Macht ausgestattet, Imperative zu erlassen und 
ihre Befolgung garantierende Mittel anzuwenden. Wenn auch die herr- 
schaftliche Tätigkeit nur einen Ausschnitt aller staatlichen Tätigkeit bildet, 
ist sie doch ein Wesensmerkmal der Staatsperson, jedoch noch kein spezi- 
fisches Merkmal, wie LABAND und JELLINEK annehmen, sondern bloß ein 
Gattungsmerkmal. Auch im rechtsleeren Raum bestehen Herrschaftsver- 
hältnisse (so in Familie, Sitte, Politik). Auch innerhalb des Rechtsbereiches 
bestehen andere gesetzliche Herrschaftsverhältnisse neben dem der Staats- 
person (so der Eltern, des Lehrherrn, des Beamten), die, wie die staatliche, 
‚eine eigene Herrschaft darstellen. Herrschaft ist also bloß ein Partial- 
begriff der der Staatsperson übergeordneten Gattung. 
Das gleiche gilt vom Merkmal der räumlich-persönlichen Abgrenzung 
‚des Bereiches der Tätigkeit der Staatsperson. Auch die Zugehörigkeit der 
Staatsperson zur Gattung der Gebietskörperschaften enthält ein 
‚wesentliches, aber kein spezifisches Merkmal des Staatsbegriffes. 
Entscheidend ist erst die Tatsache, daß die Gesetzgebung gesetzlich 
‚nur der Staatsperson zugerechnet ist. Gesetzgebung ist die Macht der 
souveränen Instanz einer räumlich abgegrenzten gesetzlichen Gemein- 
‚schaft, Normen zu setzen, die mit einer gewissen, nämlich „gesetzlichen“ 
‚Art von Autorität gelten. Der souverüne Wille der Gesetzesgemeinschaft
	        
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