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ist nun der Wille der Staatsperson. Die Staatssouveränität verhält sich
zur Gesotzessouveränität wie die Staatsperson zur Staatsgemeinschaft. Die
Souveränität kommt aber der Staatsperson nur als dem Subjekt der Gesetz-
gebung zu. Also dieZurechnung des souveränen Willens
der Gesetzesgemeinschaft zur Staatsperson — dies allein
ist das spezifische Merkmal der Staatsperson, das sie von allen unmittelbar
verwandten Erscheinungen der gleichen Gattung abgrenzt und unterscheidet.
Die Staatsperson ist also zu definieren als die vom Gesetz begründete und
mit souveräner Herrschergewalt ausgerüstete Gebietskörperschaft.
Wie ist von diesem Boden aus nun das Problem des nichtsouve-
ränen Staats zu lösen? Der Sprachgebrauch nennt auch solche Ge-
bilde Staaten. Die Staatsrechtstheorie hat nur dann Veranlassung, ihren
Staatscharakter zu leugnen, wenn eine Staatsperson neben der Souveränität
kein weiteres Merkmal aufzuweisen hat, das sie von allen zweifellosen
Nichtstaatspersonen unterscheidet. Läßt sich ein solches Merkmal aber
finden und trifft es auf den nichtsouveränen Staat zu, so braucht sein
Staatscharakter trotz Fehlens der Souveränität nicht in Abrede gestellt
zu werden. Als geeignetes Unterscheidungsmerkmal bezeichnet W. den
staatlichen Gesamteindruck des nichtsouveränen Staates, wie
ihn keine andere gesetzliche Gebietskörperschaft nichtstaatlichen Charakters
besitzt und wie er aus der Vereinigung folgender Einzelfiguren hervorgeht:
der Verfassungsautonomie oder Selbstgesetzgebung einerseits,
einer bestimmten Fülle eigener Herrschergewalt andererseits.
Die Verfassungsautonomie ist im Merkmal der souveränen Herrschaft ent-
halten, setzt diese aber nicht notwendig voraus. Fülle eigener Herrscher-
gewalt bedeutet nicht Allseitigkeit der Zwecksetzung oder Universalität,
sondern begnügt sich mit der Tendenz, die staatliche Herrschaft möglichst
allen Seiten des menschlichen Lebens zuzuwenden. Aber erst das Zu-
sammentreffen beider Momente gibt dem Gesamteindruck des Staatsbildes
seine Eigenart und unterscheidet deutlich auch den nichtsouveränen Staat
vom Nichtstaat. Denn auch beim nichtsouveränen Staat beruht die Ver-
fassung auf des Staates eigenem Willen und ist eine hinreichend aus-
gedehnte Herrschergewalt vorhanden. Jede Einzelfigur und Einzelfunktion
des souveränen Staates spiegelt sich hier wieder. Folglich erscheint der
eingangs erwähnte Sprachgebrauch auch innerlich begründet. Man wird
diesen Ausführungen des Verfassers, die das alte Problem unter ganz neuen,
der Wirklichkeit trefflich angepaßten Gesichtspunkten betrachten und lösen,
uneingeschränkt beipflichten dürfen. Anderseits bedeuten sie aber doch
nur eine Verschiebung der Kontroverse vom juristischen Gebiet auf das-
jenige tatsächlicher Würdigung, wie die Exemplifikation auf die deutschen
Länder alsbald zeigen wird.
Nunmehr modifiziert W. seine Staatsdefinition dahin, daß er
den Staat bezeichnet als die durch gesetzliche Normen begründete Gebiets-
Archiv des öffentlichen Rechts. XLII. 3. 24