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1918 bis 15. Mai 1920 bestanden hat, sind Meinungsverschiedenheiten
darüber hervorgetreten, wielange derselbe seine Funktionen ausüben dürfe.
Am 27. Februar 1919 hat der erste Landtag dem Freistaat Braun-
schweig eine vorläufige Verfassung gegeben. Diese Verfassung enthält
keine ausdrückliche Bestimmung über die Dauer des ersten Landtags
und der folgenden Landtage. In $ 3 der vorläufigen Verfassung ist jedoch
gesagt:
‚Die am 22. Dezember 1918 gewählte Landesver-
sammlung hatdieAufgabe, demLande eine Verfassung
zu geben, die Handlungen, Gesetze und Verordnungen der vorläufigen
Regierung nachzuprüfen sowie sonstige dringende Landesgesetze zu be-
schließen.“
Bei Beratung des $& 3 beantragte der Abgeordnete Rönneburg, den Zu-
satz beizufügen:
„Die am 22. Dezember 1918 gewählteLandesversamm-
lungistaufdieDauervonzweiJahren gewählt“
Nach den Aeußerungen des Abgeordneten Bracke sollte dieser Zusatz ver-
hüten, daß schon im nächsten Jahre wieder ein Wahlkampf geführt würde,
Der Antrag Rönneburg ist in der Sitzung vom 22. Februar 1919 abgelehnt
worden.
Einige Monate später — am 22. Mai 1919 — fand in der Landesver-
sammlung eine Verhandlung statt, die für die Frage der gesetzlichen oder
verfassungsmäßigen Dauer dieser Versammlung von Interesse ist. Die
Landesversammlung hatte einen Ausschuß zur Nachprüfung von Gesetzen
der vorläufigen Regierung eingesetzt. Dieser Ausschuß erstattete am 23, Mai
1919 Bericht über das Wahlgesetz vom 15. November 1918. Er schlug vor,
dasselbe in zwei Teile zu zerlegen, nämlich in ein Gesetz über die Wahlen
zu den Gemeindevertretungen und in ein Gesetz über die Wahlen zu der
Landesvertretung. In dem zweiten Gesetz sollte nicht mehr gesagt werden
„Die Landesvertretung wird alle Jahre neu gewählt“,
sondern „Die Wahlen zu der Landesversammlung finden in den ver-
fassungsmäßig festgesetzten Zeiträumen im Monat
Januar statt“,
Der Abgeordnete Hampe beantragte, diese Bestimmung dahin abzuändern,
daß die Wahlen zur Landesversammlung alle drei Jahre (eventuell
alle zwei Jahre) stattfinden sollten. Der Abgeordnete Rönneburg stellte
den Antrag, die Wahlen alle zwei Jahre stattfinden zu lassen. Die Debatte
über diese Anträge ergab, daß bei der Landesversammlung oder wenigstens
bei einem erheblichen Teil derselben eine große Unklarheit über den be-
stehenden Rechtszustand herrschte, vgl. die Aeußerungen des Abgeordneten
Hampe 8. 1239, Stegmann $. 1241, Rönneburg und Bracke 8. 1242. Die-
selbe endete damit, daß das Gesetz über die Wahlen zur Landesversamm-
lung an den Ausschuß zurückverwiesen wurde.
Archiv des öffentlichen Rechts. XLII. 1. 6