Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 42 (42)

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wählten Landesversammlung durch ein besonderes Gesetz auf zwei Jahre 
festzusetzen, gescheitert. 
Die 23 Mitglieder der Fraktion „Landeswahlverband“ haben nunmehr 
die Entscheidung des Staatsgerichtshofs angerufen und den Antrag gestellt: 
„festzustellen 
1. daß nach 8 5 des braunschweigischen Gesetzes vom 15. November 
1918 eine einjährige Wahlperiode festgesetzt ist, 
2. daß, nachdem nunmehr die Wahlperiode der am 16. Mai 1920 
gewählten braunschweigischen Landesversammlung abgelaufen ist, 
das Verlangen, unverzüglich Neuwahlen auszuschreiben, berech- 
tigt ist, 
3. daß die am 16. Mai 1920 gewählte braunschweigische Landesver- 
sammlung am 15. Mai 1921 ihr Ende erreicht hat.“ 
Eventuell wurde noch der Antrag gestellt, eine der Rechts- und Sach- 
lage sonst entsprechende Entscheidung zu treffen. 
Auf diese Anträge hat das Braunschweigische Staatsministerium durch 
Schriftsatz vom 13. Juni 1921 erklärt: In Braunschweig bestehe kein Ver- 
fassungsstreit zwischen Regierung und Landesversammlung, sondern aus- 
schließlich ein Streit zwischen Mehrheit und Minderheit der Landesver- 
sammlung über das Gesetz vom 15. November 1918; die Regierung könne 
nur die Beschlüsse der Mehrheit der Landesversammlung anerkennen und 
ausführen. 
In der mündlichen Verhandlung wiederholte der Vertreter des Landes- 
wahlverbandes die gestellten Anträge und suchte dieselben zu begründen. 
Die Vertreter der braunschweigischen Landesregierung bestritten, daß 
die Landesregierung ein „streitender Teil“ im Sinne des Art. 19 sei und 
erklärten im übrigen die Anträge für unbegründet. 
1. 
Der Antrag auf Entscheidung des Staatsgerichtshofs ist nicht von der 
Braunschweiger Landesversammlung, sondern von einer Minderheit dieser 
Versammlung — der Fraktion des Landeswahlverbandes — gestellt worden. 
Es ist daher zu prüfen, ob einzelne Fraktionen oder Mitglieder eines Land- 
tags als „streitender Teil“ im Sinne des Art. 19 der Reichsverfassung an- 
gesehen werden können. 
Der Begriff Verfassungsstreitigkeiten bezeichnet seinem 
Wortlaut.nach lediglich Streitigkeiten über die Verfassung, also Streitig- 
keiten, welche die Verfassung zum Gegenstand haben. Aus dem Wortlaut 
allein kann daher für die Entscheidung der vorliegenden Frage nichts ge- 
folgert werden. 
Die Entstehungsgeschichte des Artikel 19 ergibt, daß im 
Verfassungsausschuß der Nationalversammlung zwei verschiedene Ansichten 
über die Auslegung dieser Bestimmung (Art. 17 des Entwurfs) hervorge- 
treten sind.
	        
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