— 13 —
Vorteil und Nachteil schwer berechenbar. Die Gemeinde wünscht einen
Zuwachs an Steuerkraft, der Gutsbesitzer eine Erleichterung in bezug
auf die bisher von ihm allein getragenen Lasten. Die Gemeinde wird die
Stimmen der Gutsarbeiter bei den Wahlen nicht immer besonders freudig
begrüßen. Der Gutsbesitzer wird seine Interessen in der Gemeinde
nicht immer für genügend vertreten erachten. Die Gutseingesessenen,
die bisher keine Lasten zu tragen hatten, nehmen an den kommunalen
Steuerpflichten teile Werden mehrere Gutsbezirke zu einer
neuen Gemeinde vereinigt, so werden sich ähnliche Erschei-
nungen zeigen, wie bei der Vereinigung mehrerer Gemeinden zu einer
Landbürgermeisterei: das örtliche Interesse wird stets das überwie-
gende sein.
In diesem letzteren wie auch in dem Falle, daß ein Gutsbezirk
in eine Gemeinde für sich umgewandelt wird, tritt jedoch ganz be-
sonders die gänzlich veränderte Rechtslage des (tutsbesitzers in die
Erscheinung: soweit das Gut irgendwelche Lasten aufzubringen oder
irgendwelche Aufgaben zu erfüllen hat, die man bei Gemeinden als
eigene Aufgaben zu bezeichnen pflegt, ist dies nach bisherigem Recht
Sache des Gutsbesitzers.. Die Mittel fließen (mit verschwindenden
Ausnahmen) aus seiner privaten Wirtschaft. Dies soll jetzt anders
werden. Es wird eine öffentliche Gemeindewirtschaft ins Leben ge-
rufen, aus der alle jene Kosten bestritten werden. Aus welcher Quelle
werden nun die Einnahmen dieser Wirtschaft fließen? Mit dem Anteil
an den Einkommensteuern, der unbestimmt ist und erst nach Jahr und
Tag eingeht, ist nicht zu rechnen. So müssen die Mittel in der Haupt-
sache aus den Realsteuern fließen, diese aber trägt der Gutsbesitzer.
Da er in der neuen Gemeindevertretung — falls er überhaupt hinein-
gewählt wird — oder in der Gemeindeversammlung nur eine Stimme
hat, bietet sich also das merkwürdige Bild, daß die Gutseingesessenen
im Wege der öffentlichen Gemeindewirtschaft über die aus der privaten
Wirtschaft des Gutsbesitzers fließenden Mittel verfügen. Daß dies die
Sparsamkeit fördern wird, ist nicht anzunehmen. Ob die Entziehung von
Arbeitskräften dadurch, daß einer der Gutseingesessenen die Gemeinde-
vorstehergeschäfte führt und andere als Schöffen oder Mitglieder der Ge-
meindevertretung tätig sind, der landwirtschaftlichen Produktion sehr
förderlich sein wird, ist eine andere Frage. Diese Durchsetzung eines
in sich geschlossenen privaten Wirtschaftskörpers mit einer Öffentlich-
rechtlichen Organisation trägt die Keime der Verhetzung zwischen Ar-
beitgeber und Arbeitnehmer und zugleich birgt sie für den Wirtschafts-