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1I. Die Befugnisse der Landesregierungen aus Art. 48.
a) Die Blankettvollmacht.
Art. 48 IV ın Verbindung mit II verleihen der Landesregie-
rung die Befugnis, die zu der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
nötigen Maßnahmen zu ergreifen, erforderlichenfalls mit der
bewaffneten Macht einzuschreiten °’. Damit ist ihr eine Macht
verliehen, die weit über die durch die $$ 4 und 9b des preußi-
schen Belagerungszustandsgesetzes dem Militärbefehlshaber ein-
geräumte hinausreicht ®. Alle Maßnahmen, die der Zweckbe-
stimmung: Aufrechterhaltung und Wiederherstellung der öffent-
lichen Sicherheit und Ordnung dienen, sind durch diese von Real-
politik erfüllte Norm ?? für zulässig erklärt, also staatliche Hand-
lungen jeder Art, Rechts- wie Verwaltungsverordnungen °® mit
Ausnahme des richterlichen Urteils, wobei Reichs gesetze, wie
Reichsverordnungen keine Schranke für den Diktator bilden,
dieser also nicht nur praeter, sondern sogar contra legem tätig
werden kann ®®. Es würde selbst Eingriffen in die Reichs-
35 Die Verfügungsbefugnis der Landesregierung über die Wehrmacht
folgt aus $ 17 des Wehrgesetzes: „Im Falle öffentlicher Notstände oder
einer Bedrohung der öffentlichen Ordnung bat die Wehrmacht auf An-
fordern der Landesregierungen und der von diesen bestimmten Behörde
Hilfe zu leisten.“
3 Vgl. dazu Strkupp KZR. S. 45 ff., 91ff.: PÜürscHEL, Das Gesetz
über den Belagerungszustand, 1916, S. 57 ff., 159 ff.
2” Richtig Schmitt-Dororic S. 179 (allgemein): „Ebens» wie bei der
Notwehr, wenn die Voraussetzung, nämlich ein gegenwärtiger rechtswidriger
Angriff, gegeben ist, alles geschehen darf, was zur Abwehr des Angriffes
erforderlich ist, und keine inhaltliche Angabe darüber, was geschehen darf,
in der rechtlichen Regelung liegt, weil diese nicht tatbestandsmäßig um-
schreibt, sondern nur einen Hinweis an das, was zur Abwehr erforder-
lich ist, enthält, so tritt auch, wenn jene Voraussetzungen der Aktion
des Ernstfalls einmal eingetreten sind, die nach Lage der Dinge erforder-
liche Aktion ein,“
®® So auch RG.Strafs. 56 S. 162 ff.
3° Richtig Reichsjustizminister SCHIFFER in der Sitzung der National-
versammlung vom 3. Ill. 1920 (HrıLrRon IX 165): „Irgendeine Einschrän-