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die Kabinettsorder sei zu einer Zeit erlassen, wo eine „unbedingt
wesentliche Form für den Erlaß und die Publikation der Ge-
setze“ nicht bestand. Das mag einmal, obwohl es ungenau ist, zuge-
geben werden. Aber es beweist schlechterdings nicht, daß der König
eine Anordnung, die objektives Recht schaffen sollte, überhaupt nicht
kundzumachen brauchte. Und es ist deshalb wiederum mindestens un-
genau, wenn die Entscheidung fortfährt, der König habe kraft seines
souveränen Willens objektive Rechtsnormen als Gesetze erlassen dürfen,
„ohne an irgend eine Form gebunden zu sein“. Die Entscheidung K
zitiert DERNBURGs Preußisches Privatrecht, Bd. 1, $ 16, Anm. 2 (in
der 5. Aufl. ist es $ 15). Hier heißt es aber nur, daß der König die
Vorschrift in $ 7 der Einleitung zum Allg. Landrecht (Prüfung der
Entwürfe durch die Gesetzgebungskommission) jederzeit überhaupt
oder für einen besonderen Fall aufheben konnte. Von der Publikation
handelt die Stelle nicht. Ueber diese sagt die Entscheidung K: „Sie
war aber auch nicht nötig. Für die damalige Zeit gilt der Grund-
satz, daß der auf Schaffung eines Rechtssatzes gerichtete Wille des
Königs Gesetzeskraft hat, wenn eine Kundgebung dieses Willens vor-
liegt, gleichviel in welcher Form sie hervortritt. Es kann sogar eine
mündliche Erklärung des Königs genügen. Im vorliegenden Falle
handelt es sich um eine vom König selbst an die mit der Ausführung
betrauten Minister gerichtete Order, die sich inhaltlich als Gesetz dar-
stell. Das muß zu ihrer Wirksamkeit genügen.“ Auf die Frage, ob
sich die Order wirklich „inhaltlich als Gesetz darstellt“, kommen wir
alsbald noch zurück. Gesetzt, das sei richtig, so ist doch alles andere
unzweifelhaft falsch. Der Grundsatz, daß es auf die Form der könig-
lichen Kundgebung bei Schaffung von Rechtssätzen nicht ankomme,
bestand zur „damaligen Zeit“ nicht; vielmehr galten damals bindende
Gesetze über die Publikation von rechtsetzenden königlichen Verord-
nungen. Eine mündliche Erklärung genügte nach jenen (iesetzen
nicht. Gewiß bestand für den König die Möglichkeit, seinen auf
Schaffung eines Rechtssatzes gerichteten Willen auch in anderer als
in der gesetzlichen Form »kundzugeben“; das war dann eine ad hoc
vorgenommene Abänderung dieser Form. Aber immer mußte doch
die „Kundgebung“ das sein, was dieses Wort besagt, d. h. eine Aeuße-
rung, die den Inhalt des Rechtsatzes denen, die er anging,
kundgab. Eine geheime Mitteilung an die Minister, die das Gesetz
„auszuführen“ hatten, war eine solche Kundgebung gerade nicht.
Im übrigen begnügen sich die erkennenden Senate damit, ältere