Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 45 (45)

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Vielmehr darf — darüber besteht in der Wissenschaft und Recht- 
sprechung uneingeschränkte Uebereinstimmung — auch das freie 
Ermessen immer nur als pflichtmäßiges Ermessen geübt werden ®; 
und es bedeutet eine unerlaubte Ueberschreitung der Ermessensgrenzen, 
mithin Ermessensmißbrauch, also Rechtswidrigkeit?”, wenn die Aus- 
übung des freien Ermessens von sachfremden Gesichtspunkten be- 
stimmt wird®,. 
Die Behörde darf bei Handhabung auch ihres freien Ermessens 
in jedem einzelnen Falle nur den Momenten Einfluß gewähren, die 
das Gesetz in einem Falle dieser Art berücksichtigt wissen will? 
Nur innerhalb dieses Rahmens darf sie auch bei Entscheidungen 
freien Ermessens versagen oder gewähren oder die Gewährung mit 
Nebenbestimmungen (Auflagen, Bedingungen, Maßgaben, Vorbehalten, 
Voraussetzungen) belasten. 
Bei Genehmigungen auf Grund des Gesetzes vom 20. Februar 
1920 nun findet das freie Ermessen zunächst (weiteres siehe unter 3) 
seine Schranke in der Zweckbestimmung des Gesetzes, und es über- 
schreitet diese Schranke, wenn es nach Gesichtspunkten geübt wird, 
welche diesem Gesetze fremd sind. 
  
  
Ferner Entsch. vom 1. Oktober 1909, Bd. 55 S. 459: „Freies Ermessen be- 
deutet noch nicht Willkür“. Aehnlich Entsch. vom 6. Juni 1910, Bd. 57, 
Ss. 302. Ebenso die Rechtsprechung des sächsischen Oberverwaltungs- 
gerichts (zusam mengefaßt bei K. ApELT, Das Königl. Sächsische Gesetz 
über die Verwaltungsrechtspflege vom 19. Juli 19002, 1911, 8. 286. — Die 
bei BÜHLER a. a. O.S. 163 als übereinstimmend bezeichnete Entscheidung 
des badischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. April 1907 war mir nicht 
zugänglich. — Siehe auch Entsch. des hamburgischen Oberverwaltungs- 
gerichts vom 21. Juni 1922 (Hanseatische Rechts-Zeitschr. 1923, S. 74). — 
W. JELLINEK, Gesetz, Gesetzesanwendung und Zweckmäßigkeitserwägung, 
1913, S. 340 f., 348. F. FLEINER, Institutionen des deutschen Verwaltungs- 
rechts 5, 1921, S. 154. 
° W. SCHELCHER, Justiz und Verwaltung, Leipzig 1919, S. 42: „Wirk- 
lich freies, d. h. nur vom Belieben abhängiges Ermessen gibt es auch für 
die Verwaltung nicht, sondern immer nur ein pflichtmäßiges Ermessen.“ 
Siehe auch R. v. LAun, Das freie Ermessen und seine Grenzen, 1910, S. 262 
und OÖ. BÜHLER a. a. O. S. 24. 
” „Ermessensmißbrauch steht rechtlich der Ermessensüberschreitung 
gleich.“ „Die Ermessensüberschreitung stellt eine Rechtswidrigkeit dar.“ 
F. FLEINER a. a. O. S. 134, 
® W. JELLINEK a. a. O. S. 347. 
° F. FLEINER a. a. Q, 
Archiv des öffentlichen Rechts. N. F. 6. Heft 1. 7
	        
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