Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 45 (45)

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das Ministerium des Innern, das politisch wichtigste Ressort, erhielt 
und dank dieser Position sowohl wie kraft seiner Energie und Fähig- 
keiten sehr bald die politische Führung übernahm. 
Bei dieser Wahl des Ministerpräsidenten kam es noch zu einem 
Zwischenfall mit den Kommunisten, der ein grelles Licht auf die Lage 
warf, und der daher hier erwähnt werden muß. Nachdem die Sprecher 
der bürgerlichen Parteien im Namen des demokratischen Prinzips Ver- 
wahrung gegen die Bildung einer Minderheitsregierung, die auf die Unter- 
stützung der verfassungsfeindlichen Kommunisten angewiesen wäre, einge- 
legt hatten, erklärte der Führer der Kominunisten, sie wären bereit, die 
Regierung zu unterstützen unter der Voraussetzung, daß sie eine rein 
sozialistische, proletarische Politik machte, hielten trotzdem aber an 
ihrem Ziele fest, die Verfassung mit allen zu Gebote stehenden Mitteln 
zu stürzen. „Da dieser Sturz nicht gelingen kann“, so rief er drohend 
aus, „durch die Volkskammer, so werden wir unsre Politik fortsetzen 
und zum Sturze der Verfassung und zum Sturze dieser Volkskammer 
aufrufen die Massen des arbeitenden Volkes von Sachsen.“ — Die 
gegenwärtige Haltung der Partei, so fuhr er weiter fort, sollte nur 
dazu dienen die Illusion der Massen zu zerstören und zu zeigen, daß 
auch eine sozialistische Regierung nicht zum Sozialismus führte. Er 
proklamierte schließlich Fortsetzung der proletarischen Revolution mit 
dem Ziele der Diktatur des Proletariats. Diese Erklärung wirkte zu- 
nächst wie eine Bombe; die Sitzung wurde um eine Stunde vertagt, 
um den Riß, der sich vor aller Augen aufgetan hatte, nach Möglich- 
keit zu verkleistern. Nach Wiederaufnahme der Sitzung gab der desig- 
nierte Ministerpräsident Buck eine Erklärung ab, daß derartige Be- 
dingungen keine Grundlage für die Arbeit der zukünftigen Regierung 
sein könnten, und daß er dem von ihm zu leistenden Eid entsprechend 
unbedingt an der Verfassung festhalten werde Ein zweiter kommu- 
nistischer Redner machte hierauf einige einlenkende Bemerkungen, 
worauf die Wahl noch programmgemäß von statten gehen konnte. 
Immerhin blieb der starke Eindruck, dem der folgende demokratische 
Redner Ausdruck gab, daß sich die eine Partei, auf deren Unterstützung 
die Regierung unbedingt angewiesen war, zur offenen Feindschaft gegen 
die Verfassung bekannt hatte. In der Regierungserklärung, mit der 
Ministerpräsident Buck am 14. Dezember das neue Kabinett vorstellte, 
wurde zwar nochmals unterstrichen, daß sich die Regierung der Ver- 
antwortlichkeit bewußt wäre, ihr Wollen nur im Interesse des gesam- 
ten Volkes zu betätigen, im übrigen aber enthielt das neue Programm
	        
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