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frühere Leipziger Unabhängige Liebmann. Illustrierend wirkt wiederum
die Erklärung des kommunistischen Führers vor der Wahl, daß die
grundsätzliche Stellung seiner Partei zum bürgerlichen Parlamentaris-
mus unberührt bleibe. Eine zwingende Forderung für den Fortbestand
der künftigen Regierung sei eine unmittelbare Zusammenarbeit mit
der Arbeiterklasse außerhalb des Parlaments.
In der bürgerlichen Presse hat sich die Entrüstung über den vor-
läufigen Ausgang der Krise unverhohlen Luft gemacht. Dabei ist
allgemein betont worden, die sozialdemokratische Partei habe sich mit
ihren Zugeständnissen an den Kommunismus von den Grundlagen ent-
fernt, welche nach der Verfassung für eine jede Regierung gegeben
sein müßten. Es dürfte daher angebracht sein, die hier in ihrer poli-
tischen Entwicklung geschilderten Vorgänge nunmehr noch einer staats-
rechtlichen Kritik zu unterziehen.
II.
Schon bei der Regierungsbildung im Dezember 1920 wurde von
bürgerlicher Seite mit Leidenschaftlichkeit behauptet, das Vorgehen
der Sozialdemokraten verstoße gegen die Verfassung, und der Führer
der demokratischen Partei sprach von einem „Streich gegen das
parlamentarische System“. Auch während der oben geschilderten
weiteren Entwicklung der Krise ist dieser Vorwurf von bürgerlicher
Seite immer von neuem erhoben worden. Betrachtet man die Lage
mit den Blicken des kühl wägenden Juristen und nicht mit den Augen
des in seinen Erwartungen enttäuschten Politikers, so wird man dieser
Auffassung nicht schlechthin beipflichten können. Die Verfassung des
Freistaates Sachsen vom 1. November 1920 bestimmt in Artikel 26,
daß der Ministerpräsident vom Landtage bei Anwesenheit von minde-
stens 2/3 der gesetzlichen Zahl der Abgeordneten gewählt wird. Ge-
wählt ist, wer mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen erhalten
hat. Diese Voraussetzungen sind bei der Wahl erfüllt worden. Daß
die kommunistische Partei, die für den sozialistischen Ministerpräsi-
denten stimmte, nicht selbst mit in die Regierung eingetreten ist,
macht die Wahl nicht fehlerhaft. Die Bildung einer Minderheits-
regierung, die sich im Parlamente auf eine in der Regierung nicht
selbst vertretene Nachbarpartei stützt, ist bei den zersplitterten Partei-
verhältnissen und starken Parteigegensätzen in Deutschland nicht
selten eine Notwendigkeit, wie die Verhältnisse im Reich bei der
Bildung der Reichsregierung bereits mehrfach gezeigt haben. Sie
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