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(S. 202), wobei aber nur die letzteren nach außen bin als solche erscheinen.
Im politischen Aufbau dieser Stände, im Ständestaat sieht er den „voll-
kommensten Ausdruck der universalistischen Gesellschaftsauffassung‘ (S. 207).
Als Stufenbau der Stände, wobei jeder niedere Stand vom jeweils höheren
Stand geführt wird, erscheinen ihm die folgenden 5 Stufen: Handarbeiter,
höhere Arbeiter, Wirtschaftsführer, Staatsführer, die Weisen oder der
schöpferische höhere Lehrstand (S. 220). Nach der Eigenart des Mittels
teilt die Stände ein in landwirtschaftlichen Stand, gewerblichen Stand,
Handel (S. 222). Als Grundeigenschaft des Standes erscheint ihm die ver-
hältnismäßige Einheit der Gesinnung und des Handelns im ständischen
Kreise und so bedeutet ihm der ständische Staat „ein mit persönlichen
Beziehungen durchwachsenes, aus lebendigen persönlichen Beziehungen
aufgebautes Gemeinwesen (S. 231), also ein Organismus der wieder aus
Organismen besteht. Kennzeichen des Ständestaats ist die Dezentralisierung,
der zentralistische Beamtenstaat ist gegen die Natur der Gesellschaft
(S. 235). Diese ständische Gliederung ist „eine Grundtatsache aller gesell-
schaftlichen und staatlichen Geschichte, ist jener Fels, an dem sich die
Brandungen individualistischer , liberaler, demokratischer, sozialdemo-
kratischer Wogen notwendig brechen müssen — heute ebenso, wie es schon
hundertmal in der Geschichte geschah“ (S. 247). Auch im heutigen Staate
sieht der Verf. starke Ansätze dieser Entwicklung, so in der Entwicklung
der Eigentumsverhältnisse, der Gewerkschaften, der Kartelle und vor allem
des Gesamtarbeitsvertrags.
Für den Staatsrechtler besonders wichtig ist dann die Form, in der
das Verhältnis der ständischen Körper zur Zentralstaatsgewalt erscheint.
Der Verf. glaubt, daß durch die ständische Entwicklung der Zentralstaat
eine weit ideellere Form annehmen wird als heute (S. 273). Für den
Zentralstaat bleiben nur die großen politischen und Kulturgebiete übrig,
die wirtschaftlichen Forderungen und Bestrebungen bleiben auf ihrem
natürlichen ständischen Boden, es kommt dadurch zu einem Abbau des
allgemein-demokratischen (statt fach-demokratischen) Staates, im wirt-
schaftlichen Leben herrscht überall Gleichheit unter Gleichen (S. 273).
Diese Reinigung des Staates bringt auch mit sich, daß der Ständestaat
keine politischen Parteien im heutigen Sinne mehr kennen wird, der Raum
für staatliche und gemeindliche Politik wird eingeengt, die Schäden der
Demokratie auch auf diesem Gebiete sind beseitigt. Eine Erstarrung der
neuen ständischen Ordnung glaubt der Verf. durch die Neugestaltung des
Erziehungswesens, vor allem auf Grund der Freiheit und Zugänglichkeit
der höheren Bildung und ‚durch Offenhaltung gewisser Gebiete des Wirt-
schaftslebens für die freie Wirtschaftsbetätigung (Kunstgewerbe, Handel,
Bank-, Börsen- und Finanzwesen) vermeiden zu können.
Das Buch SpAnns ist ein Glaubensbuch, mit Herzblut geschrieben, und
rollt den ganzen Komplex der Fragen über die Neugestaltung unseres