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in diesem Sinne sind auch die Verwaltungsvorschriften. Allein die
konstitutionellen Verfassungen des 19. Jahrhunderts haben bei der
Abgrenzung des Vorbehaltsgebietes der Legislative nicht diesen
weiten Rechtssatzbegriff angenommen, sondern unter Rechtssätzen
nur Normen verstanden, welche sich an die Untertanen wenden,
oder, wie einige ältere Verfassungen sich ausdrücken, „die Frei-
heit der Person und das Eigentum der Staatsangehörigen be-
treffen“°, und allein den Erlaß dieser Normen, die vorlängst schon
Gesetze hießen, der gesetzgebenden Gewalt vorbehalten. Und die
an diese Verfassungen anknüpfende staatsrechtliche Theorie hat
dann lediglich mit dem in ihnen anerkannten Rechtssatzbegriffe
operiert. Der Vorwurf, daß sie von einem zu engen und unrich-
tigen Rechtssatzbegriff ausgeht, kann ihr also nicht gemacht wer-
den; sie hält sich an den Rechtsbegriff des Gesetzgebers, der
allein für sie maßgebend sein darf.
Jede praktische Bedeutung hat für die Interpretation der
Verfassungsvorschriften auch die Untersuchung verloren, ob mit
dem Ausdruck „Verwaltungsverordnungen“ oder „Verwaltungs-
vorschriften* nicht noch ein anderer Begriff verbunden werden
kann, als es hier geschehen ist. Etymologisch kann dem Wort
„ Verwaltungsvorschrift“ zweifellos nicht nur die objektive, den
Inhalt der Vorschrift bezeichnende Bedeutung: „Vorschrift für die
Verwaltung“ eignen, sondern auch eine subjektive Bedeutung in
dem Sinn, daß es den Urheber der Vorschrift bezeichnet und dann
soviel wie: Vorschrift von der Verwaltung, d. h. von einem mit
der Vollziehung betrauten Organe bedeutet. Und es kann auch
nicht geleugnet werden, daß das Wort Verwaltungsvorschriften
in einer Reihe älterer Landes- und Reichsgesetze zoll- und steuer-
rechtlichen Inhalts tatsächlich in dieser subjektiven Bedeutung
gebraucht ist, und mag auch verständlich erscheinen, daß Zweifel
8 Bayerische Verf. v. 26. Mai 1818 Titel VII $ 2; Badische Verf.
v. 22. August 1818 $ 65. Vgl. die neuen Verfassungen von Bayern, Baden
S 29 und Württemberg $ 62.