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mehr beschäftigt hat ?®. Erst TRIEPEL ist wieder auf sie zurück-
gekommen °°, indem er meint, daß sie, wenngleich sie in ihrer
absoluten Fassung unrichtig ist, doch „ein Körnchen oder sogar
ein recht großes Korn Wahrheit“ enthalte, den Gedanken nämlich,
daß dem Gesetzgeber für die Begründung von Rechtsverordnungs-
rechten irgendwelche allgemeinere Schranken gezogen sein müßten,
als die herrschende Theorie und Praxis sie anerkennt. Und in der
Tat dürfte der Austeilung von Rechtsverordnungsrechten im Wege
der einfachen Gesetzgebung im geltenden Rechte, insbesondere im
Reichsstaatsrechte, das TRIEPEL allein im Auge hat, auch grund-
sätzlich eine Schranke gezogen sein. Damit nämlich, daß der
Verfassungsgesetzgeber es abgelehnt hat, in der Reichsverfassung
ein allgemeines Rechtsverordnungsrecht zu schaffen, und sich auf
den Standpunkt gestellt hat, daß die Ermächtigung zum Erlaß
von Rechtsverordnungen stets nur im einzelnen Falle durch ein-
faches Gesetz erteilt werden könne, hat er auch die Schaffung
eines allgemeinen Rechtsverordnungsrechts durch ein einfaches
Reichsgesetz für unzulässig erklärt und nur zugegeben, daß sach-
lich begrenzte Rechtsverordnungsrechte durch einfache Reichs-
gesetze begründet werden können. Das ist aber auch die einzige
Schranke, die der Verfassungsgesetzgeber der Austeilung von
Rechtsverordnungsrechten im Wege der einfachen Gesetzgebung
gezogen hat, und sie will für die Praxis nicht viel bedeuten, da
als irgendwie sachlich beschränkt die Einzelermächtigung regel-
mäßig erscheinen wird. Alle Versuche TRIEPELs jedoch, das Be-
stehen einer weiteren Beschränkung der Befugnis des Gesetzgebers
2° Vgl. besonders LABAND, Stantsrecht des Deutschen Reiches, 1. Aufl.
Bd. 2, Tübingen 1878 S. 74 ff. (4. Aufl. Bd. 2, 1901, S. 88 Anm. 2); ARNDT,
Verordnungsrecht des Deutschen Reiches, Berlin 1884 S. 16 ff.; HAENnEL
a. % O. S. 297 Anm. 4; AnscHOÜtz, Theorien S. 17,
8° In seinem auf dem 32. deutschen Juristentag 1922 erstatteten Bericht
über das Thema: „Empfiehlt es sich, in die RV. neue Vorschriften über
die Grenzen zwischen Gesetz und Rechtsverordnungen aufzunehmen?“
Drucksachen des D. J.-T. 1922 Bd. 2 S. 18 ff.).