— 158 —
Träger des Verordnungsrechts versagt, so kann er die von ihm
beabsichtigte Verordnung nicht erlassen. Einen eigenen Rechts-
behelf gegenüber ablehnendem Verhalten der Zustimmungsberech-
tigten hat nur die Reichsregierung, indem sie vermöge des ihr
eignenden Rechts der Gesetzesinitiative eine Gesetzesvorlage ein-
bringen und so den Reichstag veranlassen kann, den Widerstand des
Zustimmungsberechtigten im Wege der Gesetzgebung zu brechen.
Der Einzelminister oder der Reichspräsident, dem ein von ihm
unabhängiger Faktor die Zustimmung zum Erlaß einer Verordnung
versagt, kann Gleiches nur erreichen, wenn er die Reichsregierung
für eine entsprechende Gesetzesvorlage gewinnt (RVerf. Art. 68,
57). Die Bindung des Trägers des Verordnungsrechts an die Zu-
stimmung eines von ihm unabhängigen Dritten beschränkt natur-
gemäß die Verantwortlichkeit jenes. Reichsregierung und Minister
können daher, wenn sie für den Erlaß einer Verordnung an die
Zustimmung des Reichsrats gebunden sind, dem Reichstag gegen-
über parlamentarisch nur dafür verantwortlich gemacht werden,
daß sie alles getan haben, die Einwilligung des Zustimmungs-
berechtigten zu erhalten, nicht aber für den Nichterlaß der Ver-
ordnung ®®. Nicht um eine Bindung der Verordnungsberechtigten
an die Zustimmung einer anderen Stelle handelt es sich da, wo
das Ermächtigungsgesetz vorschreibt, daß die Verordnung dem
Reichstag zur Genehmigung vorzulegen ist und außer Kraft tritt
oder außer Kraft zu setzen ist, wenn der Reichstag seine Genehmi-
gung versagt oder die Aufhebung verlangt. Hier wird die Ver-
ordnung von den Verordnungsberechtigten selbständig erlassen,
ist nur in ihrer Geltung resolutiv bedingt. Ein Beispiel für diese
Gestaltung des Verordnungsrechts, die sich in vorrevolutionären
stimmung eines Reichstagsausschusses und des Reichsrats: RGBl. 1920
S. 1787, RGBl. 1921 S. 915.
s8 Preuss im Verfassungsausschuß der Nat.Vers., Protokolle 167; "vgl.
auch WITTMAYER a. a. OÖ. S. 387 f.