Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 45 (45)

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der allgemeinen Fassung desselben formell ermächtigt. Konstitutiv 
wirkt diese Ermächtigung jedoch nur soweit sie auf Verordnungen 
geht, die das Handeln von Landesbehörden regeln, denn Reichs- 
behörden mit Instruktionen zu versehen, ist die Reichsregierung 
ohnedies schon vermöge der ihr diesen gegenüber zustehenden 
Dienstgewalt befugt. Allein mit den das Handeln der Landes- 
behörden ordnenden Verwaltungsverordnungen beschäftigt sich aber 
Satz 2 des Artikels, so daß der ganze Artikel nur für diese Ver- 
waltungsverordnungen von Bedeutung ist. Auch diese Verwal- 
tungsverordnungen wirken unmittelbar in dem Sinne, daß sie mit 
ihrem Erlaß durch die Reichsregierung die Behörden binden, deren 
Handeln sie ordnen. Während nach dem für Art. 77 vorbildlich 
gewesenen Art. 7 Ziff. 2 der Reichsverfassung von 1871 dem 
Bundesrat zwecks Sicherung einheitlicher Ausführung der Reichs- 
gesetze in den Einzelstaaten nur ein „mittelbares“ Verordnungs- 
recht eignete”®, so daß die von ihm beschlossenen allgemeinen 
Verwaltungsvorschriften für die Landesbehörden erst in Kraft ge- 
setzt werden mußten durch Dienstbefehle der Staatsregierungen, 
eignet der Reichsregierung auf Grund des Art. 77 jetzt ein „un- 
mittelbares* Verwaltungsverordnungsrecht. Eine „autoritative Zwi- 
schenstellung* der Einzelstaaten ist hier entsprechend dem durch 
die neue Verfassung gehenden unitarischen Zuge nicht mehr an- 
erkannt: Das Reich „erläßt“’® an die Landesbehörden allgemeine 
Verwaltungsvorschriften ebenso direkt wie an seine eigenen Be- 
hörden. 
Sachlich in engstem Zusammenhange mit Art. 77 steht Art. 15 
Abs. 2, welcher bei Regelung der Reichsaufsicht bestimmt: „So- 
weit die Reichsgesetze von den Landesbehörden auszuführen sind, 
kann die Reichsregierung allgemeine Anweisungen erlassen.“ Auch 
78 Vgl. HaAEnEL a. a. 0. 289 ff.; SeyDer, Kommentar zur RV. v. 1871 (2) 
S. 142. 
79 Vgl. dagegen Art. 7 Ziff. 2 RV. v. 1871: „der Bundesrat beschließt 
über die... Verwaltungsvorschriften“ und dazu HAENKEL a. a. 0. S. 290.
	        
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