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Sperr- und Vergeltungsmaßnabmen erwähnten weiteren Maßnahmen
mit jenen wesensgleich oder doch wesensähnlich sind. Und da
scheidet die Besetzung noch einmal aus.
Ein Besetzungsrecht kann schließlich aber auch nicht auf den
a. 248 gestützt werden, der den Alliierten die erste Hypothek auf
den Besitz und die Einnahmen des Reichs und der Länder ein-
räumt. Poincare geht übrigens noch weiter und legt sogar die
Hand auch auf den Privatbesitz in Deutschland. Hier läßt sich
aber überhaupt nicht mehr von einem Völkerrecht reden: das ist
einfaches Faustrecht.
Der $ 18 istin der juristischen Betrachtung die Achse des Ruhr-
problems. Kann er von den Einbrechern nicht in Anspruch ge-
nommen werden, so ist auch den Militärgerichten die Zuständigkeit
über die Ruhrbevölkerung entzogen und zwar sogar nach franzö-
sicher Rechtslehre und Rechtsprechung.
Die französische Rechtswissenschaft kennt den Begriff des
„territoire fictif“ oder des bloß angenommenen Hoheits-
gebiets; wonach ein Land, das nicht unter französischer Staats-
hoheit steht, in dem aber Handlungen gegen französische Straf-
gesetze begangen worden sind, so behandelt werden soll, als ob
es strafrechtlich französisches Inland wäre. Einer der für das
„territoire fictif* in Betracht kommenden Fälle ist nun gerade die
Besetzung. Abertrotz des bekannten Ausspruchs Napoleons: „Dort,
wo die französischen Fahnen flattern, ist Frankreich“, unterscheidet
die französische Rechtslehre streng zwischen der friedlichen und
der kriegerischen Besetzung und läßt die volle Auswirkung des
Napoleonischen Satzes nur für die kriegerische Besetzung gelten.
Bei friedlicher Besetzung erstreckte sich die Strafhoheit nur auf
die französischen Heeresangehörigen; erst bei kriegerischer Besetzung
seien auch die friedlichen Bewohner der französischen Strafjustiz
unterworfen, wie ja auch nach der Haager LKO in der Tat der
Besetzende mit der Ausübung der gesamten Staatsgewalt und mit-
hin auch der Strafgewalt betraut ist. Nun hat aber Poincare in