Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 45 (45)

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Kirchenbehörden ein Staatsgesetz geschaffen, daß zunächst ungetrennt 
die Rechte der staatlichen Kirchenhoheit und die Rechte des Fürsten 
als summus episcopus auf die oberste Staatsbehörde übertrug. Eine 
Aeußerung des thür. Volksbildungsministeriums vom 12. Oktober 1922 
scheint das auch ganz in der Ordnung zu finden, wenn sie behauptet, 
daß „die oberste Kirchengewalt zunächst auf die obersten freistaatlichen 
Gewalten übergegangen sei“. Scaön® und Breor* haben aber schon 
darauf hingewiesen, daß eine derartige Gesetzgebung mit der Reichs- 
verfassung im Widerspruch stand. Schön sagt darüber: „Natürlich 
folgt daraus, daß die Reichsverfassung grundsätzlich die Staatskirche 
ablehnt, auch daß durch die Landesgesetzgebung, die zur Durchführung 
der Bestimmungen der Reichsverfassung berufen ist, nicht nun ein 
Rechtszustand geschaffen werden darf, der eine Kirche als Staatskirche 
erscheinen läßt. Die Bestimmung des $ 5 des preußischen Gesetzes 
zur vorläufigen Ordnung der Staatsgewalt vom 20. März 1919, nach 
der die Rechte des Königs als Trägers des landesherrlichen Kirchen- 
regiments bis zum Erlasse der künftigen Verfassung auf 3 von der 
Staatsregierung zu bestimmende Staatsminister evangelischen Glaubens 
übergingen, stand also im Widerspruche mit der Reichsverfassung. 
Sie hat die Kirchengewalt der Staatsgewalt einverleibt, eine Verbindung 
zwischen Staat und Kirche hergestellt, wie sie in Preußen schon lange 
nicht mehr bestanden hat, und die evangelische Landeskirche in Preu- 
Ben zur Staatskirche im eigentlichsten Sinne des Wortes gemacht. Sie 
wäre daher von Anfang an ungültig gewesen, wenn sie 
nach Inkrafttreten der Reichsverfassung erlassen wor- 
den wäre®,“ 
Gerade das trifft aber auf das rudolstädtische Gesetz vom 30. März 
1920 zu, das als in Widerspruch mit der Reichsverfassung stehend keine 
Rechtsgültigkeit beanspruchen kann. Irgendwelche Folgerungen für 
die Stellung der dortigen Landeskirche nach der Revolution lassen 
sich deshalb aus ihm auch nicht ziehen. 
Brepr betont mit Recht, daß im Gegenteil mit der Trennung von 
Staat und Kirche auch eine Loslösung des. Staatsrechts vom Kirchen- 
recht stattgefunden hat. „Das evangelische Kirchenrecht wurde aus 
3 SoHÖN, Der Staat und die Religionsgesellschaften in der Gegenwart, 
Verwaltungsarchiv, 1921, Band 29 S. 1 ff. 
4 BREDT, Neues evangelisches Kirchenrecht für Preußen, 2. Band, Die 
Rechtslage nach 1918, 1922, besonders S. 24 ff. 
5 SCHöN a. a. O. S. 4/5.
	        
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