Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 45 (45)

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Eine weitere Frage ist nun aber, ob der Staat auch heute die 
Möglichkeit hat, die Rechte einer derartigen Minderheit an der Be- 
nutzung kirchlicher Einrichtungen durch Staatsgesetz zu regeln. Und 
damit verknüpft sich die weitere prinzipielle Frage, ob der Staat 
nach dem heutigen Verhältnis von Staat und Kirche den Austritt 
einer Kirchengemeinde aus einer Landeskirche und die damit ver- 
knüpften vermögensrechtlichen Beziehungen durch Staatsgesetz regeln 
kann. 
Daß früher derartige Rechte von Minderheiten durch Staatsgesetz 
geregelt wurden, steht fest. Erinnert sei nur an die preußischen 
und badischen Gesetze über die Verhältnisse der Altkatholiken 
(preußisches Gesetz betr. die Rechte der altkatholischen Kirchen- 
gemeinschaften an dem kirchlichen Vermögen vom 4. Juli 1875, badi- 
sches Gesetz vom 15. Juni 1874, die Rechtsverhältnisse der Altkatholiken 
betr.). Beide Gesetze regeln für die damals neuentstandenen alt- 
katholischen Gemeinschaften die Mitbenutzung der Kirche und der 
kirchlichen Gerätschaften und überweisen auch die Pfründe bei Er- 
ledigung denselben, wenn die Gemeinschaft in diesem Zeitpunkte die 
Mehrheit im Kirchspiel bildet. Eine derartige Gesetzgebung hält 
Dr. Harnısca in seiner Eingabe für möglich, von seinem Standpunkte 
aus aber gar nicht erst für nötig. Umgekehrt sieht das Gutachten 
der thür. Kirchenregierung in einer derartigen Gesetzgebung „einen 
Eingriff in unser durch Art. 137 Abs. 3 gewährleistetes Selbstver- 
waltungsrecht“. Wie aus dem ersten Teil des Gutachtens hervorgeht, 
käme eine solche Gesetzgebung für Gemeinden, die aus Bekenntnis- 
gründen als solcbe den Anschluß an eine nach ihrer Ansicht bekenntnis- 
fremde Kirche verweigert haben, nicht in Frage, da für sie ein zwangs- 
weiser Anschluß in den neuen Verband nicht möglich ist und sich für 
sie in der Frage des kirchlichen Vermögens nichts geändert hat. 
Andererseits besteht aber für Minderheiten, die sich außerhalb ihres 
Verbandes gestellt haben, an sich kein Recht auf Teilhabe an den 
kirchlichen Einrichtungen, bzw. an der Pfründe. Ebenso besteht nach 
bisherigem Recht nur das Recht des Austritts einzelner Personen aus 
der Kirche. Treten also sämtliche Mitglieder einer Kirchengemeinde 
aus, so fällt die bisherige juristische Person weg und das ihr gehörige 
Vermögen würde herrenlos. Diese Folgerungen ergeben sich aus der 
Tatsache, daß m. E. entgegen der Ansicht von Dr. Harnısc# durch 
die Revolution und die durch sie erfolgte Neuregelung des Verhält- 
nisses von Staat und Kirche zwar wohl das bisherige landeskirchliche
	        
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