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schaft als Körperschaften des öffentlichen Rechts überall nur die
ihnen jetzt durch die Reichsverfassung Artikel 137 Abs. 6 ausdrück-
lich beigelegte Berechtigung „auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten
nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu er-
heben“ — die ihnen also von der Landesgesetzgebung auch da einzu-
räumen ist, wo sie ein Besteuerungsrecht bislang noch nicht besaßen.
Im übrigen ist nach Abs. 5 daselbst das materiell
verschiedene Landesrecht für die öffentlich-recht-
liche Stellung der Kirchen maßgebend, und diese
kann im Wege der Landesgesetzgebung auch Verände-
rungen erfahren, sofern solche nur nicht soweit gehen,
daß sie die Kirche zu privaten Korporationen herab-
drücken, was praktisch allerdings heute schon deshalb nicht ge-
schehen kann, weil, selbst wenn in einem Lande die übrigen auf
Landesrecht beruhenden Privilegien der Kirchen durch die Landes-
gesetzgebung aufgehoben werden würden, ihnen doch das reichsrecht-
lich festgelegte Besteuerungsrecht verbleiben würde, und sie schon
deshalb als öffentlich-rechtlich gehobene Körperschaften angesehen
werden müßten.“
Die Reichsverfassung schützt also abgesehen vom Besteuerungs-
recht nur die Stellung der bisherigen Landeskirchen als öffentliche
Korporationen an sich, legt aber der Landesgesetzgebung keine
Schranken in ihrem Gesetzgebungsrecht auf, soweit diese Stellung der
Kirchen als öffentlich-rechtliche Korporationen nur gewahrt bleibt.
Wenn nun behauptet wird, daß eine Gesetzgebung, die die Rechte
von Minderheiten und das Recht und die vermögensrechtlichen Folgen
des Austritts von Kirchengemeinden staatsgesetzlich regelt, gegen
das im Art. 137 Abs. 3 garantierte Selbstverwaltungsrecht der Religions-
gesellschaften verstieße, so kann ich dem nicht zustimmen. Art. 137
Abs. 3 garantiert den Kirchen ihr völliges Selbstbestimmungsrecht im
Gebiete des inneren: Kirchenrechts, das heute mit dem Staatsrecht
überhaupt nichts mehr zu tun hat. Gegen diese Garantie verstieß,
wie oben ausgeführt wurde, das rudolstädtische Gesetz, das nach
Erlaß der Reichsverfassung den Uebergang der kirchenregimentlichen
Gewalt auf das Staatsministerium dekretierte. Das war ein gesetz-
licher Uebergriff, gegen den die Rudolstädter Landeskirche allerdings
damals nicht protestiert zu haben scheint. Denn hier stand die innere
Organisation der Kirche in Frage. Um sie handelt es sich aber nicht,
wenn der Staat aus Gründen des öffentlichen Interesses die Möglich-