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linge hatten sich an der Demonstration beteiligt) verantwortlich ge-
macht. Durch Verurteilung gerade der Personen, die als Leiter des
Unternehmens wegen des rechtswidrigen Eingriffs in den Fabrikbetrieb
und für die Tötung und Verwundung von Arbeitern usw. Genugtuung
zu fordern in erster Linie berufen waren, Protest alsbald erhoben
hatten, sollte der aufs tiefste erregten deutschen öffentlichen Meinung
Trotz geboten werden.
Die Verhandlung, die vom 4. bis 8. Mai vor dem Kriegsgerichte
in Werden stattfand, führte, nachdem der von der Verteidigung er-
hobene Einwand der Unzuständigkeit des Gerichts verworfen worden
war, zu dem gewollten Ergebnis, der Verurteilung aller Beschuldigten
zu 20-, 15-, 10jährigen Gefängnis- und hohen Geldstrafen; nur Müller
kam mit 6 Monaten Gefängnis davon — ihn auszuschalten, wenn man
gegen Schraepler und Cuntz vorging, war nicht angängig, da er mit
ihnen die Urheberschaft am Sirenensignal und damit an der Kund-
gebung teilte, die wesentlich unter seiner Leitung in Szene gegangen
war, aber den Arbeiter wollte man schonen, während auf Krupp und
die Direktoren der verhaßten Fabrik die volle Wucht der Strafe fiel.
Die Anklage ging auf Uebertretung zweier Verordnungen des
französischen kommandierenden Generals vom 7. März und vom 11. Ja-
nuar 1923. Jene stellt unter schwerste Strafe Machenschaften mit dem
Ziele, Feindseligkeiten gegen die Besatzungstruppen herbeizuführen ;
die andere bedroht Störungen der öffentlichen Ordnung. Die „Machen-
schaften“ wurden in die Zeit vor dem 31. März verlegt. Die Verab-
redung des Sirenenzeichens habe bezweckt, zu gewalttätigem Widerstand
gegen die Besatzungstruppen aufzureizen, falls solche die Fabrik be-
treten würden. Die Ausführung des geplanten Unternehmens am 31.
März durch das Ingangsetzen und Inganghalten der Sirenen und die
so veranlaßte verkehrshindernde und von schweren Zwischenfällen be-
gleitete Ansammlung der Arbeiter vor der Kraftwagenhalle, an einer
Stelle, wo sich 12 französische Militärs befanden, sei Störung der
öffentlichen Ordnung gewesen.
Krupp v. Bohlen und die Direktoren wurden in Anwendung beider
Verordnungen, Groß nur wegen Machenschaften usw., Müller lediglich
wegen ÖOrdnungsstörung verurteilt.
Allen Angeklagten gegenüber ist der Spruch rechtlich und tat-
sächlich völlig unhaltbar.
1. Mit der Rechtswidrigkeit der Ruhrbesetzung ist die Unzu-
ständigkeit des Kriegsgerichts gegeben. Sie folgt aber auch aus dem
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