Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 45 (45)

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Vorläufer der „milden Stiftungen“ außer Zweifel. Bekanntlich 
ist auch unser bürgerliches Recht in einem großen Teile seines 
Bestandes kirchlichen Quellen entsprungen oder doch im Flusse 
seines Werdens durch sie hindurchgegangen. Diesem Entstehungs- 
prozesse entspricht durchaus die allmähliche Verweltlichung der 
einzelnen Einrichtungen. Aus einfachen, in der Sache liegenden 
Gründen stehen hier die Stiftungen und auch die Körperschaften, 
jene noch mehr als diese, obenan. Was ursprünglich rein kirch- 
lichen Bestimmungen im engeren Sinne diente, erweiterte sich 
nach und nach auf der Menschheit „frommende“ und damit — 
im allgemeinen — „Gott wohlgefällige* Zwecke. In den 
Partikulargesetzgebungen, welche einen Niederschlag dieser ge- 
schichtlichen Um- und Fortbildung der gemeinrechtlichen Begriffe 
darstellen, ist bei unserem Institute dieser Einfluß besonders deut- 
lich zu spüren. Mit fast handgreiflicher Erkennbarkeit im Preuß. 
ALR.!. Denn die ganz außerordentliche Vorzugsstellung, welche 
dieses — II, 16 $ 22 — den „milden Stiftungen* durch Ge- 
währung eines gesetzlichen Erbrechts nach den von ihnen (das 
ALR. sagt: „in ihnen) erzogenen oder bis in ihren Tod“ verpflegten 
Stiftlingen gewährte, wurzelt, obzwar wohl mehr unbewußt, so 
doch unbezweifelbar, letzten Endes in den Anschauungen, welche 
ungewöhnliche Sonderrechte der Kirehe und der mit ihr zusam- 
ı Darüber, daß dieses hinsichtlich der „milden“ Stiftungen ganz auf 
dem Boden des Gemeinen Rechts steht, vgl. besonders auch die (noch 
mehrfach zu berücksichtigende) Entscheidung des R.Ger.s (IV Ziv.Sen.) vom 
22. September 1890 — J.Min.Bl. 1891 S. 26. — Ueber die (sofort im Texte 
erwähnte) Besonderheit der milden Stiftungen nach Preuß. R., das gericht- 
liche Erbrecht gegenüber den „Stiftlingen“, vgl. aus der Rechtsprechung 
besonders Kammergericht Bd. 25 A, S. 230 ff. (Beschl. v. 11. Febr. 1901) zu- 
mal S. 235. Dort ist auch grade die oben gedachte sachliche Ent- 
wickelung der „milden“ Stiftungen aus kirchlichen Wurzeln durch den 
— unter Berufung auf ein Werk von WITTE, über d. Preuß. Intest. Erbrecht 
gegebenen — Nachweis, daß schon vor dem A.L.R. „in der Praxis“ die 
Armenhäuser den Kirchen hinsichtlich dieses Erbrechts gleichgestellt 
worden waren und diese Praxis durch das Preuß. Edikt vom 8. Mai 1735 
im wesentlichen nur anerkannt wurde, klar zum Ausdruck gebracht. 
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